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Tanguy - Der Nesthocker
Frankreich 2001, Laufzeit: 108 Min., FSK 12
Regie: Etienne Chatiliez
Darsteller: Sabine Azéma, André Dussollier, Eric Berger, Hélène Duc, Aurore Clément, Jean-Paul Rouve, André Wilms, Richard Guedj, Roger van Hool, Nathalie Krebs, Delphine Serina, Sachi Kawamata, Annelise Hesme, Jacques Boudet, Philippe Laudenbach, Arlette Thomas, Christiane Millet, Bunny Godillot, Sandrine Le Berre, Niels Dubost

"Bei ihm liegen Gut und Böse sehr nah beieinander. Sein Humor scheut vor nichts zurück." So charakterisierte Eric Berger, Darsteller der Figur des Tanguy, seinen Regisseur Etienne Chatiliez ("Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss", "Das Glück liegt in der Wiese") in einem Interview. Hauptdarstellerin Sabine Azéma attestierte ihm, "unglaublich pingelig und präzise" zu sein, und André Dussolier, der ansonsten kaum komische Rollen übernimmt, bewunderte seine "Phantasie und Leidenschaft", mit der er "die Entstehung seines Werkes überwacht". Man kann es fast ein Markenzeichen des ehemaligen Werbefilmers Chatiliez nennen, im bürgerlich-französischen Milieu die Abgründe an Verlogenheit, rigiden Konventionen und Sinnleere aufzuzeigen, die bei ihm allerdings nicht, wie bei Chabrol, ins Tragische und Mörderische führen, sondern die zugrunde liegenden Sedimente des Lächerlichen und Allzumenschlichen freilegen. Seine Philosophie: "Humor ist zwangsläufig gefährlich. Aber wenn man den Finger in Wunden legt und die Leute dabei zum Lachen bringt, hat man schon gewonnen." Ein Ehepaar (Azéma und Dussolier) beschließt, den fast 30-jährigen Sohn (Berger) los zu werden. Kurz vor Ende seines Drittstudiums können sie seine Allüren nicht mehr länger ertragen. Nachts werden sie von der Geräuschkulisse geweckt, die als Folge diverser Affären aus seinem Zimmer dringt. Morgens trifft man die Mädels beim Frühstück. Man ist tolerant, intelligent, verständnisvoll. Waschen, Kochen, Auto ausleihen: alles dreht sich um das Wohlbefinden des Riesenbabys. Doch jetzt geht es um die Umsetzung einer genialen Idee: wie vermiest man dem penetranten Sohn den heimischen Aufenthalt? Mit leichter Hand, aber doch unglaublich präzise beschreibt Chatiliez den Eskalations-Prozess der elterlichen Gewalt, die das Küken aus dem Stall zu scheuchen sucht. Unfassbar, welcher Widerstand sich ihnen entgegenstellt. Der ständig lächelnde, seinerseits ebenfalls überverständnisvolle Sohnemann lässt sich nicht um einen Millimeter bewegen. Schritt für Schritt werden die Methoden rabiater, Schikane um Schikane erweist sich der Nesthocker als Meister des Erduldens. Dieses Drama ist wahnsinnig witzig in Szene gesetzt. Manchmal bleibt einem vor heiterem Schreck das Lachen im Halse stecken. Chatiliez ist ein derart perfektionistischer Satiriker, dass man ihm die wunderbar konstruierte Geschichte ohne mit der Wimper zu zucken abnimmt, und sein radikaler Humor reisst die Maske so elegant vom Antlitz der Wohlanständigkeit, dass man nur jubeln möchte.

(Heinz Holzapfel)

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