Whatever Works
USA/F 2009, Laufzeit: 92 Min., FSK 12
Regie: Woody Allen
Darsteller: Larry David, Evan Rachel Wood, Ed Begley Jr., Patricia Clarkson, Henry Cavill, Michael McKean, Kristen Johnston, Yolonda Ross
Woody Allen begibt sich zurück nach New York und lässt dort eine unbedarfte Landschönheit auf einen intellektuellen Kauz los. Boris Yellnikoff ist ein beruflich und partnerschaftlich gescheiterter Quantenphysiker in höherem Alter. Ein helles Köpfchen ohne Job und Beziehung, ein störrischer, humpelnder alter Knochen, der genüsslich über die Menschheit hetzt. Ein Zyniker, der dem Betrachter aus der Seele spricht, der aber zugleich jegliche Hoffnung und Optimismus hinter sich gelassen hat. Seit einem missglückten Selbstmordversuch humpelt Boris zu gleichaltrigen Freunden ins Cafe oder zum Nachwuchs, dem er recht ungestüm Schach beibringt. Ein Paradecharakter für Woody Allen, der in der ersten Hälfte seines neuen Spielfilms Tempo und bewährt gewitzt intellektuelle Feinkost vorlegt. Larry David verkörpert seinen knattrigen Menschenfeind Boris – der Filmemacher selbst begnügt sich mit dem Regiestuhl. Von dort aus dirigiert er augenzwinkernd seinen Helden durch New York, bis dieser auf die hübsche Obdachlose Melody (Evan Rachel Wood) stößt, eine ausgebrannte Schönheitskönigin aus dem Hinterland von Mississippi. Widerspenstig nimmt Boris die forsche Miss Unbedarftheit bei sich auf. Und wird sie so schnell nicht los: Die Zynismen, mit denen er seinen „Einfaltspinsel“ fortwährend attackiert, prallen an Melody ab. Vielmehr versucht die Ausreißerin, sich dem Jargon ihres Mentors anzupassen, was zu unterhaltsamen Dialogen führt. Die beiden beginnen sogar sich zu mögen. Bis eines Tages Melodys Mutter (Patricia Clakrson) vor der Tür steht: Eine bibelfeste Konservative aus dem Hinterland – und ein gefundenes Fressen für Boris Verdruss. Erstmals seit „Melinda und Melinda“ (2004) verlagert Woody Allen seine Geschichte wieder nach New York. Von hier aus wettert er wieder leichthändig und musikalisch beschwingt über Gott und die Welt, echauffiert sich über die Ellenbogengesellschaft und das falsche Wehleid der Zivilisation. Larry David vertritt Allen würdig und durchaus mit äußerlicher Ähnlichkeit, auch wenn er vergleichsweise rüpelhaft schwadroniert und der Allenschen Melancholie entbehrt. Der Regisseur hat offensichtlich noch immer großen Spaß am Inszenieren und reizt die Konstellation seiner gegensätzlichen Mitbewohner vergnüglich aus. Der Film erleidet einen Bruch, als Melodys Eltern auftauchen und die Hinterwäldler durch die Großstadt bekehrt werden. Hier fällt dann doch auf, dass das Drehbuch schon seit drei Jahrzehnten in der Schublade lag: So endet die temporeiche Eröffnung schließlich in einem intellektuellen Boulevardstück, in dem die Darsteller zunehmend gestelzt in den Kulissen stehen und sich zum Happy End läutern. Trotzdem bleibt „Whatever Works“ eine kurzweilige, anregende Woody Allen-Episode, in der er auf ein Neues sein geliebtes New York feiern darf, das hier für ihn die Großstadt verkörpert, in der man lernt, über den Tellerrand zu gucken. Alles ist möglich – whatever works.
(Hartmut Ernst)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Die leisen und die großen Töne
Start: 26.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025
Queer
Start: 9.1.2025
September 5
Start: 9.1.2025
We Live In Time
Start: 9.1.2025
Armand
Start: 16.1.2025