Zurück im Sommer
USA 2008, Laufzeit: 101 Min., FSK 12
Regie: Dennis Lee
Darsteller: Julia Roberts, Ryan Reynolds, Willem Dafoe, Emily Watson, Carrie-Anne Moss, Iona Gruffudd, Hayden Pannettiere, Shannon Lucio
Michael Taylor ist ein erfolgreicher Schriftsteller geworden, der den Ruhm seines Vaters längst in den Schatten gestellt hat. Ein geplantes Familientreffen erhält durch den plötzlichen Unfalltod der Mutter eine andere Ausrichtung und bietet Anlass zur Reflexion.
Der überaus poetische Originaltitel des Films, „Fireflies in the Garden“ (Glühwürmchen im Garten), ist einem Gedicht von Robert Frost entlehnt, das im Film eine zentrale Rolle spielt. Bei einer der zahlreichen Rückblenden sind Familie und Freunde im Wohnzimmer versammelt, um einem selbst verfassten Gedicht von Sohn Michael zu lauschen. Doch dieser trägt eben jenen Klassiker von Frost vor, was seinen despotischen Vater in cholerische Rage versetzt. Michael hat nicht nur die Ehre der Familie besudelt, sondern auch das schriftstellerische Talent des Namens Taylor in Zweifel gestellt. Dennis Lee geht in seinem Langspielfilmdebüt zurück in die Abgründe einer unglücklichen Kindheit. Als Auslöser hat er dafür eine Familienfeier gewählt, was könnte auch besser geeignet sein. Ursprünglich soll der College-Abschluss der Mutter begossen werden, die sich für den zweiten Bildungsweg entschlossen hatte, nachdem Sohn und Tochter aus dem Haus waren. Doch kurz vor dem Treffen kommt die Mutter bei einem Autounfall ums Leben und die bereits angereisten Familienmitglieder sind nun gezwungen, sich gemeinsam mit der Trauer auseinanderzusetzen – obwohl sie sich teilweise nur widerwillig eingefunden hatten.
Als „Zurück im Sommer“ dieses Jahr bei der Berlinale im Wettbewerb außer Konkurrenz lief, hinterließ er einen eher mauen Eindruck. Das ist wohl am ehesten darauf zurückzuführen, dass die Geschichte aussieht, als sei sie anhand dramaturgischer Notwendigkeiten konstruiert und nicht dem wahren Leben abgeschaut. Einige der Figuren wirken deswegen etwas unglaubwürdig, ihr Verhalten entsprechend unrealistisch. Auch, dass sich Hayden Panettiere und Emily Watson eine Rolle in verschiedenen Zeitebenen teilen und diese völlig unterschiedlich anlegen, ist für den Handlungsverlauf eher hinderlich. Dieser springt permanent zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart hin und her, erzeugt damit aber auch interessante Kongruenzen. Die Hierarchien innerhalb der Familie sind nach all den Jahren noch spürbar, die Konfrontation mit Menschen und Orten aus der Vergangenheit führt zum schmerzhaften Wühlen in den Ursachen einer Entfremdung. Und zudem scheinen sich die Ereignisse von einst in der nächsten Generation, den Kindern von Michaels Tante Jane, widerzuspiegeln. Diese komplexe und entlarvende Zeitstruktur des Films ist dem Regieneuling Dennis Lee ausgesprochen gut gelungen, und auch beim Führen seines stargespickten Darstellerensembles hat der junge Filmemacher ein glückliches Händchen bewiesen.
(Frank Brenner)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Die leisen und die großen Töne
Start: 26.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025
Queer
Start: 9.1.2025
September 5
Start: 9.1.2025
We Live In Time
Start: 9.1.2025
Armand
Start: 16.1.2025