Zwei Herren im Anzug
Deutschland 2018, Laufzeit: 139 Min., FSK 12
Regie: Josef Bierbichler
Darsteller: Josef Bierbichler, Martina Gedeck, Irm Hermann, Simon Donatz
>> www.x-verleih.de/filme/zwei-herren-im-anzug
Opulente Familiensaga
Vater und Sohn
"Zwei Herren im Anzug" von Josef Bierbichler
Interview mit Martina Gedeck
Der in diesem Jahr 70 Jahre alt werdende Josef Bierbichler ist ein bayerisches Multitalent und eine Naturgewalt. Wenn der massige Schauspieler mit der tief röhrenden Stimme auf der Leinwand erscheint, degradiert er schnell mal alle seine Mitspieler zu simplen Stichwortgebern. Von seinen Auftritten bei Herbert Achternbusch bis zu seiner Neuentdeckung durch Hans Steinbichler („Hierankl“) kann man sich davon ein Bild machen, und auch Filme wie „Im Winter ein Jahr“ oder „Das weiße Band“ hat er mit seinem Talent geadelt. Das beschränkt sich bei Bierbichler aber nicht nur auf die Schauspielerei, denn auch als Romanautor hat er schon einen beachtlichen Erfolg für sich verbuchen können. „Mittelreich“ heißt seine 2011 erschienene bayerische Familiengeschichte, die er nun unter dem Titel „Zwei Herren im Anzug“ für die Kinoleinwand aufbereitet hat. Zum zweiten Mal (nach „Triumph der Gerechten“ aus dem Jahr 1986) hat er darüber hinaus auch die Inszenierung selbst übernommen und erweist sich auch in dieser Funktion als versierter und talentierter Künstler.
Theres (Martina Gedeck) ist gestorben, und bei ihrer Beerdigung kommt es nach Jahren des Schweigens endlich einmal wieder zu einer Aussprache zwischen ihrem Mann Pankraz (Josef Bierbichler) und Sohn Semi (Bierbichler-Sohn Simon Donatz). Die beiden hatten sich schon vor Jahrzehnten entfremdet und lassen nun gemeinsam die vergangenen Jahrzehnte in ihren Erinnerungen Revue passieren. Alles beginnt kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf dem Seegasthof von Pankraz‘ Vater und wird sich über den Zweiten Weltkrieg und die Wirtschaftswunderjahre bis in die frühen 1980er Jahre hineinziehen und dabei das Leben einer bayerischen Familie symbolisch Gestalt annehmen lassen. Das ist bestimmt von deren enger Bindung zur Religion, die später in wahren Glauben und falsche Frömmelei zerfällt, und von der Liebe zur Heimat, zum bayerischen Dialekt und zu Volkstümeleien, die dann den fruchtbaren Boden für die fremdenfeindlichen Parolen der Nationalsozialisten liefern.
Auch wenn Bierbichler die 400 Seiten seines Romandebüts für die Verfilmung stark zusammengestrichen hat, ist am Ende dabei doch ein episches Familiendrama herausgekommen, das eine Vielzahl an interessanten Themen anspricht und die wichtigsten Figuren tief auslotet und plastisch greifbar macht. Wie von dem stets bodenständig bis grobschlächtig anmutenden Schauspieler Bierbichler nicht anders gewohnt, ist auch „Zwei Herren im Anzug“ eine heimatverbundene und urwüchsige Angelegenheit geworden, bei der kein Blatt vor den Mund genommen und das Herz oftmals auf der Zunge getragen wird. In Zusammenarbeit mit Kameramann Tom Fährmann („Das Wunder von Bern“, „Die Päpstin“) sind dem Regisseur einige ganz wundervolle Bildkompositionen gelungen, die mal in Farbe, mal in Schwarz-Weiß, den Zauber einer urtümlichen Region und ihrer Bewohner erwecken.
(Frank Brenner)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Emilia Pérez
Start: 28.11.2024
The Outrun
Start: 5.12.2024
Here
Start: 12.12.2024
All We Imagine As Light
Start: 19.12.2024
Freud – Jenseits des Glaubens
Start: 19.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025