Als der Bericht der Filmförderungsanstalt zum ersten Kinohalbjahr 2014 vor wenigen Wochen erschien, war es zum Glück schon nicht mehr so schlimm, weil die Durststrecke, die durch die WM entstanden ist, bereits überwunden war. Dennoch lohnt sich die Betrachtung des Befunds: In den letzten 22 Jahren gingen in keinem ersten Halbjahr so wenig Menschen ins Kino wie 2014. 1992 wurden viele Kinos in den neuen Bundesländern aus Altersgründen geschlossen und der Neubau-Boom, der die gesamte Republik erfasste, begann erst langsam. 105 Mio. Kinobesucher wurden 1992 insgesamt gezählt, ein bis dahin historischer Tiefstwert. 2001, knapp zehn Jahre später, wurde mit fast 180 Millionen Besuchern der bisherige Höchstwert im vereinten Deutschland erreicht. Seitdem haben Privatfernsehen, DVD, Internet, YouTube, Bevölkerungsentwicklung und verändertes Freizeitverhalten den Besuch wieder deutlich gesenkt, wobei in den letzten Jahren mit Schwankungen rund 130 Mio. Besucher gezählt wurden.
Doch was geschah in diesem ersten Halbjahr? Und ist der Befund ein typisch deutscher oder auch internationaler Trend? Als wichtigster Grund ist die Weltmeisterschaft zu nennen, die alle Verleiher in einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung dazu bewegte, schon drei Wochen vor Beginn keine publikumswirksamen Produktionen mehr herauszubringen. Damit entstand ein Besuchsvakuum, das die übliche Wochenbesucherzahl im Sommer von etwa 2 Mio. um 75 % abschmelzen ließ. Einige Kinos schlossen ganz oder zumindest einige ihrer Säle oder nutzten die Zeit zur Renovierung und versuchten mit kleineren Nischenprodukten die Durststrecke zu überwinden. Auch in Amerika brachte das erste Halbjahr übrigens das schlechteste Ergebnis seit zehn Jahren, und König Fußball wird diesmal ein Teil der Schuld zugesprochen.
Gegenüber dem Vorjahr sanken in Deutschland Besuch und Umsatz um mehr als 10 Prozent. Dabei waren auch die nicht von der WM betroffenen Monate enttäuschend. Ohne die starken Überläufer aus dem Dezember 2013, „Der Hobbit“ und „Der Medicus“, wäre es noch schlimmer geworden. Kein einziger Film erreichte die magische Zahl von 3 Millionen Besuchern. Mit knapp 2,4 Mio. Besuchern war „The Wolf of Wall Street“ der erfolgreichste Film. Freude bereitete lediglich der deutsche Film, der mit einem Marktanteil von über 31 Prozent von sich reden machte. Hierzu gehörten sowohl der letzten November gestartete „Fack ju Göhte“, Schweighöfers „Vaterfreuden“ und „Stromberg – Der Film“.
Eine weitere bedauerliche Entwicklung drückt sich darin aus, dass das Kinosterben auf dem Land noch nicht beendet ist. Waren 2008 noch 4824 Leinwände in 1015 Gemeinden vorhanden, spielen in diesem Jahr 220 Leinwände und 120 Orte weniger.
Ein weiterer Effekt der WM war natürlich, dass nach deren Ende eine Vielzahl von (teilweise vermeintlich) großen Produktionen in kurzer Folge auf den Markt kamen und sich gegenseitig ihres Potenzials beraubten, aber immerhin den Verlust zum Vorjahreszeitraum auf minus 6 Prozent verkürzen konnten. Die in den beiden letzten Jahren erreichte Umsatzmilliarde dürfte aber in keinem Fall erreicht werden. Immerhin lässt ein attraktives Herbst- und Wintergeschäft sowie eine für das kommende Jahr hochinteressante Production-Line die Zunft durchaus optimistisch in die Zukunft blicken.
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