Auch wenn die meisten Theater hierzulande in den Sommerferien ihre verdiente Pause machen, braucht man nicht unbedingt an den Broadway oder ins Londoner Westend zu fahren, um seiner Musical-Leidenschaft nachzugehen. Mittlerweile haben auch die zahlreichen Openair-Sommerfestspiele im Lande das Genre als publikumswirksamen Anreiz entdeckt – und haben Tournee-Produktionen eingekauft oder Eigen-Inszenierungen auf die Beine gestellt. Dass man da wegen der eingeschränkten Bühnenverhältnisse nicht auf jedes Musical zurückgreifen kann, versteht sich von selbst. Doch ist es immer wieder faszinierend, wie Regisseure und Choreographen sich innovativ auf diese „Enge“ einstellen können. Ganz zu schweigen von den Musikern, die ja ständig mit im Abendhimmel „verschwindenden“ Tönen zu kämpfen haben. Und so tauchen oft die „üblichen Verdächtigen“ wie „Evita“ oder sogenannte „Kammer-Musicals“ wie „Cabaret“ auf den Spielplänen auf, die wenig Umbauten benötigen oder auch wie „Jesus Christ Superstar“ auf einem einzigen Set (etwa einer großen Freitreppe) aufzuführen sind.
Andrew Lloyd Webbers „Evita“ ist dann auch vom 28.-30.8. auf einer der schönsten Freilichtbühnen Deutschlands – im Amphi-Theater Xanten – zu sehen: „Don´t cry for me Argentina“ hatte längst schon die Charts erobert, ehe Webber und sein Texter Tim Rice ihr Konzept-Album „Evita“ 1978 auf die Bühne brachten. Kein einziges gesprochenes Wort fällt in diesem durchkomponierten Musical, dessen zwischen Pop, Tango und Walzerklängen angesiedelte Partitur sicher zu den besten Arbeiten Webbers zählt. Der auf Showelemente und Brechtsche Verfremdungstechniken zurückgreifende Erzählstrang um den Aufstieg und Tod der wie eine „Heilige“ verehrten Gattin des argentinischen Diktators Perón ist immer wieder eine Herausforderung für Inszenierung und Schauspieler.
„Cabaret“, jenes hierzulande durch Bob Fosses Filmversion (1972) mit Liza Minelli bekannt gewordene Musical über die Anfänge des Nationalsozialismus 1930 in Berlin, steht und fällt nicht nur mit der Sanges- und Schauspielkunst der jeweiligen Hauptdarstellerin, sondern vor allem auch mit dem Charisma des das Stück sarkastisch kommentierenden Conférencier. In unserer Nähe steht das Stück gleich zweimal auf dem Spielplan: Bei den Burgfestspielen im rheinland-pfälzischen Mayen (2.- 22.8.) und im hessischen Bad Vilbel (12.-16.8.).
Für eine Seltenheit auf deutschen Musicalbühnen muss man schon etwas weiter fahren – ins Emsland nach Meppen. Aber es lohnt sich: Barry Manilows „Copacabana“ (1.-29.8.) ist ein wahres Ohrwurm-Musical („Her name was Lola. She was a showgirl ...") mit mitreißenden Tanzszenen. Eine Liebeserklärung an die wunderbaren Technicolor-Musicals der 40er Jahre und zugleich eine ironische Brechung der alten „Junge trifft Mädchen, Junge verliert Mädchen, beide treffen sich wieder“-Geschichte.
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