„Wunderbar“ ist nicht nur der bekannteste Song aus „Kiss me Kate“, sondern auch Ralf Buddes Inszenierung jenes Broadway-Hits, der in den 50er Jahren das Musical hierzulande salonfähig machte. Der Musikalische Leiter des rührigen Privat-Theaters im Bergischen Land, Stefan Hüfner, hat dazu mit kleiner Besetzung ein Arrangement eingespielt, dass wie selten eine Aufführung des Cole Porter Klassikers dessen kompositorische Komplexität zwischen Operette und Jazz auf den Punkt bringt.
Ansonsten ist es wieder erstaunlich, wie es das TiC versteht, aufwändige Broadway-Shows für die kleine Bühne „einzudampfen“, ohne dass man das Gefühl hat, etwas „Zweitklassiges“ zu sehen. So wird das Stück-im-Stück, in dem das geschiedene Schauspielerehepaar Fred (Andre Klem) und Lilli (Isabelle Rotter) – das in einer Theaterinszenierung von Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ Petruccio und die von ihm umbuhlte Katherina spielen – auch hinter den Kulissen einen ähnlichen Machtkampf ausficht, zu einem wahren Augen- und Ohrenschmaus. Unter Buddes präziser Schauspielführung gelingt es den Darstellern nicht nur, ihr komödiantisches Talent auszuschöpfen, sondern sich auch stimmlich mit so manch arriviertem Musical-Star zu messen. Klem und Rotter bieten dabei „türenschlagenden“ Boulevard vom Feinsten, und Elisabeth Wahle besticht als Freds Geliebte Lois mit dem schnippisch vorgetragenen „Aber treu bin ich nur dir, Schatz, auf meine Art“, während Choreographin Dana Großmann mit dem coolen „Ist viel zu heiß“ das Ensemble zu einer mitreißenden Tanznummer vereint. Und Tobias Unverzagt legt mit Reinhard Clement den Showstopper „Schlag nach bei Shakespeare“ mit einer augenzwinkernden Nonchalance hin, als sei der Broadway ihr täglich Brot.
Genau „zaubert“ Ulrich Wiggers den Broadway ans Aachener Grenzlandtheater. Um es mit dem Hit-Song der Herausforderung, Mitch Leighs (Musik), Joe Darions (Liedtexte) und Dale Wassermanns (Buch) fünffachem Tony Award-Gewinner aus dem Jahre 1965 „Der Mann von La Mancha“, zu sagen: Er macht den „unmöglichen Traum“ wahr. Auch dank des genialen Bühnenbilds von Matthias Winkler, das sich je nach Handlungsbedarf („Können wir eine Kirche haben?!“) wie ein Pop-up-Kinderbuch aufklappt, und dank der einfallsreichen musikalischen Einrichtung von Stephan Ohm, der die Musiker ins Schauspiel integriert und die Schauspieler zum Instrument greifen lässt, wird das hintergründige Spiel um den Dichter Cervantes (wunderbar spinnert: Kasper Holmboe), der mit seinem Diener (pfiffig: Volker Metzger) in den Verließen der Inquisition landet und den Mitgefangenen ein Spiel abtrotzt, indem er den „Ritter von der traurigen Gestalt“ gibt, der Windmühlenflügel für Riesen hält und die Hure Aldonza (berührend verrucht: Leila Vallio) zu seiner Traumfrau Dulcinea erkürt, zur gleichsam nachdenklichen stimmenden wie unterhaltsamen Parabel auf Sehnsucht nach einer besseren Welt. Wiggers Regiekunst entführt dabei das großartig zusammenspielende Ensemble in Musical-Höhen, die man bei diesen äußeren, theatertechnischen Voraussetzungen nicht erwartet hätte.
www.tic-theater.de I www.grenzlandtheater.de
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