Aus der Feminale in Köln und der femme totale in Dortmund, zwei Festivals, die über zwanzig Jahre hinweg erfolgreich arbeiteten, wurde das Internationale Frauenfilmfestival, das abwechselnd in einer der beiden Städte stattfinden wird. Vom 23. bis 27. April wird es in Köln Station machen. Silke J. Räbiger, die der femme totale ihr markantes künstlerisches Antlitz gab, ist Festivalleiterin.
engels: Ist es nicht ein Unsinn, zwei gewachsene, lebendige Festivals zusammenzupacken?
Silke J. Räbiger: Diese Frage wird mir zurecht immer wieder gestellt. Die Fusion ist von beiden Festivals nicht gewollt gewesen. Sie waren eigenständig und hatten ein ausgeprägtes Profil. Unter der rotgrünen Landesregierung sind die beiden Festivals extrem gekürzt worden. Das hätte beiden keine Überlebenschance ermöglicht, ein Festival hätte aufgegeben werden müssen. Das sind finanzielle Gründe, aus denen sehr schnell politische Gründe wurden, weil sich die Idee, die Festivals zu vereinen und damit beide Standorte zu erhalten, damals großer Beliebtheit erfreute. Diese Haltung wurde nach dem Wechsel zu Schwarzgelb übernommen. Im Laufe der Verhandlungen ist es uns aber gelungen, fast den gleichen Förderstatus wie vor den Kürzungen zurück zu gewinnen. Ich kann diese Frage also wirklich nicht beantworten.
Allerdings können wir, obwohl das Festival an zwei Standorten stattfindet, mit dem Zweijahresrythmus kontinuierlicher arbeiten. Wir sind jetzt das einzige Frauenfilmfestival in Deutschland. Das, was große Festivals in einem Jahr machen, findet bei uns gestreckt auf zwei Jahre statt. Also Wettbewerbe für Regisseurinnen, für Debütantinnen, für Bildgestalterinnen und Preise, die vom Publikum vergeben werden, sowie ein Dokumentarfilmpreis, der in Köln installiert werden soll.
Trotzdem sieht es so aus, als sei Köln durchs Rost gefallen. Zentrale Geschäftsadresse ist Dortmund, außerdem besaß die Feminale eine besondere Aufmerksamkeit in der Stadt und verfügte über einen eigenen Programmcharakter. In der Festivalspitze ist Köln nicht mehr vertreten, hat Dortmund Köln übernommen?
Bei der Fusion der Festivals haben zahlreiche Kulturpolitiker des Landes und der Städte zusammengesessen, und es war immer klar, dass es eine einheitliche Struktur, aber zwei Standorte geben sollte. Die Geschäftsführerin ist Anne Schallenberg, eine Dortmunderin, zur Übergangsleitung waren zwei Festivalleiterinnen aus den beiden Städten vorgesehen. Dann hat die Feminale nach der Fusion 2006 Beate Preisler entlassen. Der Vorstand hat reagiert und gesagt, wenn es ein Festival ist, dann soll es auch nur eine künstlerische Leiterin geben.
Spannender sind aber die Inhalte. Klassische Bereiche der Feminale sind erhalten geblieben. So bleibt der Spielfilmwettbewerb in Köln, ebenso das Panorama mit aktuellen Produktionen von Frauen, sozusagen ein Programmklassiker, und es gibt Queer Blick, Filme aus dem lesbischen und dem transgender Kontext. Wir haben den Länderbereich geschärft, indem wir uns in Zukunft auf ein Land konzentrieren, das ist diesmal China. Der „Girls Focus“, Filme von jungen Frauen, wurde von Köln nach Dortmund übernommen. Dagegen wird Köln nun auch Schulvorführungen anbieten, die mit dem erfahrenen JFC Medienzentrum organisiert werden. Und wir haben jetzt ein Büro in Köln eröffnet, die Adresse ist Media Park Süd Sachsenring 2-4.
Ist es nicht schwer, die Aufmerksamkeit für ein Festival zu schärfen, das in zwei Städten stattfindet. Zumal man den Zeitpunkt im Jahr vom Herbst auf das Frühjahr verlegt hat?
Der April ist geeignet, wir starten direkt nach der ART Cologne. Außerdem ist das Frühjahr besser, weil im Herbst der Veranstaltungskalender auch international rappelvoll ist.
Die Feminale präsentierte auch zwischen den Festivaljahren Filmreihen, um sich bei ihrem Publikum in Erinnerung zu bringen. Wird es solche Veranstaltungen auch in Zukunft geben?
Das wäre sehr wünschenswert. Zunächst werden vor den Sommerferien Schulfilmwochen angeboten, und es ist ein Projekt mit der Türkei geplant. Dort möchte man Punkte für den EU-Beitritt sammeln. Wir wurden aus Ankara eingeladen, Kurzfilmproduktionen zu betreuen, die zum Thema Zwangsheirat gedreht werden. Treatments werden erstellt, und wir produzieren die Arbeiten gemeinsam.
Ist es nicht schwierig, das komplexe Angebot des Festivals jedesmal wieder neu verkaufen zu müssen?
Die Struktur ist zugleich das Profil des Festivals. Dortmund ist strikt thematisch ausgerichtet, es gibt zahlreiche Workshops, dieser Bereich wird noch ausgebaut. Beim letzten Mal war zum Beispiel „Filmmusik“ das Thema, zu dem Veranstaltungen mit Komponisten angeboten wurden. Köln zeigt die aktuellen Produktionen.
Wie empfinden Sie selbst die Filmszene in Köln?
Für uns ist es eine spannende Chance, sich hier zu bewähren, in Köln findet immer noch viel im Bereich Film und Produktion statt. Köln tickt anders als Dortmund, man ist hier nicht so schnell ein Exot. Das Umfeld stellt sich anders dar, mit den Filmhochschulen, den Short Cuts oder dem Dokumentarfilmfestival Stranger than Fiction. Unser Festival ist kein Selbstläufer, man muss um jede Besucherin kämpfen. Das Ziel muss aber auch sein, der Politik klarzumachen, dass man mit dem Festival etwas Wertvolles in der Stadt hat, und es muss in deren Reden wie selbstverständlich vorkommen.
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