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Über Treppen auf die Spielfläche gleitend, Ikarus
Foto: Das Da Theater Aachen

Lahmer Flügelschlag

28. April 2011

„Ikarus“ am Aachener Das Da Theater - Musical in NRW 05/11

Neben dem traditionsreichen „Grenzlandtheater“ hat sich in Aachen nun schon seit 20 Jahren eine weitere kleine private Bühne etabliert, die immer wieder mit innovativen Musical-Inszenierungen auf sich aufmerksam macht: das „Das Da Theater“. Nach dem großen Erfolg mit dem Off-Broadway-Hit „I Love You, You´re Perfekt, Now Change!“ setzte man allerdings verstärkt auf „Eigengewächse“

in Form der zu Zeit so beliebten Compilation-Shows, in denen man um bekannte Songs eine Geschichte strickt. Nach der Edith Piaf-Hommage „Rinnsteinprinzessin“ im vorigen Jahr greifen Regisseur Tom Hirtz und sein Kreativ-Team diesmal tief in die Kiste der klassischen Sagenwelt und lassen „Ikarus“ musikalisch der Sonne entgegen fliegen. Dass er sich dabei, wie in der Legende, die Flügel verbrennt und abstürzt, liegt vor allem am allzu dünnen Handlungsgerüst, das Frank Rommerskirchen ihm angelegt hat:

Ein Hobby-Archäologe (Philipp Scholz) besucht mit seinem Enkel (Franziska Holitschke) eine Ausgrabungsstätte und versucht ihn für die Welt der Sagen und Mythen zu begeistern. Anfangs eher gelangweilt, öffnet er sich schließlich Opas Passion und läßt sich von den Abenteuern, die Dädalus und sein Sohn Ikarus auf Kreta erleben, faszinieren. Drei Musen (Karen Lauenstein, Elena Lorenzon, Patricia Rabs) „kommentieren“ das Geschehen mit Songs von Eric Claptons „Tears in Heaven“ bis hin zu Peter Fox' „Das zweite Gesicht“. Leider verschweigt uns das uninformative Programmheft mit seinen aufgesetzt wirkenden, intellektualisierenden Hintergrundtexten die Komponisten und zwingt einem so ein unbefriedigendes Ratespiel auf: „Erkennen Sie die Melodie?“

Andererseits wirken die Songs oft austauschbar, ergeben sich nicht zwangsläufig aus der ohnehin rudimentären Story. So knirscht es gewaltig im dramaturgischen Gefüge, was das vierköpfige Tanzensemble zu glätten versucht. Aber ausgerechnet sie sind das Opfer des einzig innovativen Einfalls der Inszenierung: Frank Rommerskirchen – als Bühnenbildner ungleich talentierter denn als Autor – hat den Theaterraum in eine mit Sand gefüllte Arena verwandelt, um die herum die Zuschauer sitzen. Und von der Decke führt eine Treppe auf die Spielfläche, die unseren drei Musen ihre Show-Auftritte ermöglicht. Aber auch dieser Gag erschöpft sich schnell, genauso wie die manchmal an Gladiatorenkämpfe erinnernden Choreographien von Heike Aretz, im wahrsten Sinne des Wortes, im Sand steckenbleiben. Gesanglich überzeugend ist eigentlich nur Olaf Scholz mit seiner weichen Stimme, während die zur Stammbesetzung des Theaters gehörenden Damen diesmal nicht jenes Charisma entfalten, dass sie bisher in ihren Musical-Rollen auszeichnete. Da hilft es auch nicht, dass Christoph Eisenburger am Flügel und Schlagzeuger Andreas von Zedlitz jenen professionellen Rahmen liefern, der dem Gesamtkonzept des Stückes abgeht. Das „Das Da Theater“ sollte sich wieder auf den (Off-) Broadway zurück besinnen, ehe man als Zuschauer in die Gefahr gerät, dem Enkel in „Ikarus“ zustimmen zu müssen: „Kann man nicht vorspulen?!“

„Ikarus“ von Frank Rommerskirchen I R: Tom Hirtz I Das Da Theater Aachen I Do 5., Fr 6.-So 8., Do 12.-So 15., Do 19.-So 22., Do 26., Sa 28.-So 29.5., je 20 Uhr I 0241 16 16 88

Rolf-Ruediger Hamacher

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