Sie ist entkommen. Antoine macht sich in seinem einzigen Fall aber weiter auf die Suche nach der mysteriösen Madame Rousky, die diesmal vielleicht im Regen, in den Blüten der Tulpen oder in Vietnam stecken könnte. Antoine steigt ins Auto, alarmiert seine Assistentinnen. Dabei ist er ein sechsjähriger, blinder Junge, der mit seinen Assistentinnen Maelle und Juliette im Kindergarten tagsüber spielt, während ihn Regisseurin Laura Bari mit der Kamera begleitet. Sie konstruiert diese Parallelwelt Antoines mit, weist ihn mit allen Tricks der Montage als Auto fahrenden und Protokolle schreibenden Detektiv aus und schafft damit ein Plädoyer für die Schöpfungskraft der Fantasie, vorgelebt durch ihren Protagonisten.
„Antoine“ ist einer der zehn Filmbeiträge zum „ueber Mut“ Festival, das vom 8. bis zum 15. Mai in Wuppertal Station machen wird. Das Mammutprogramm des Veranstalters Aktion Mensch umfasst nicht weniger als 100 Städte, die von Anfang April bis Jahresende bespielt werden. Im Vordergrund stehen wie auch in den Vorjahren soziale Themen, die vor allem eines zum Ausdruck bringen: gesellschaftliches Engagement. Die Filme behandeln Personen oder Gruppen, die bei ihrem sozialen Einsatz Mut zeigen, um ihre Haltung, ihre moralische Ansicht, oder ihre Individualität in die Öffentlichkeit zu tragen. Ilona Zioks „Fritz Bauer – Tod auf Raten“ portraitiert den Juristen Fritz Bauer, der als Staatsanwalt in der Nachkriegszeit die Verbrechen der NS-Täter zum gesellschaftlichen Thema machte, als sich viele noch im Vergessen übten. Ein Rechtsidealist, der keinen adäquaten Rechtstaat fand. Ilona Ziok geht auf mehreren Pfaden nicht nur dem Menschen Bauer, sondern auch den Umständen seines ungeklärten Todes nach und schafft dadurch ganz nebenbei einen klischeelosen Rückblick auf das ominöse Jahr 1968. Für Mut gegen willkürliche Rechtsprechung und für die Recht- und Obdachlosen steht die Aktion „Die Kinder von Don Quichotte“ im gleichnamigen Film von Ronan Dénécé und den Brüdern Augustin und Jean-Baptiste Legrand. Letztere organisieren ein Massencamp mit 100.000 Obdachlosen in Paris, um bis in das Bürostübchen des „Monsieur Le Président“ auf die Situation dieser Menschen aufmerksam zu machen. Dazu springen sie auch mal tagsüber nackt von der Brücke. Doch der Film fängt nicht nur den Plan der Brüder ein, sondern lässt auch Raum für die individuellen Schicksale der Obdachlosen.
Weniger mit spektakulären Aktionen, dafür aber mit viel sphärischen Klängen und kunstvoll ausgeleuchteten Bildern schafft Elena Ampelakiotou Raum für die Geschichte ihrer pubertierenden Protagonisten aus Berlin. „Teenage Response“ lässt den gern gescholtenen Nachwuchs von Liebe, Zukunft, Sicherheit und anderem Essentiellen erzählen, oft frontal in die Kamera. Keine vorbelasteten Sozialmilieustudien in Problembezirken, nur Menschen, die lernen, für ihre Entscheidungen Mut zu fassen. Ein weiteres Stichwort des Festivals ist die Inklusion. Das Miteinbeziehen aller an der Gesellschaft Beteiligter ist ein wesentlicher Aspekt dieser Filmreihen. Daher sind die zehn Filme mit einer Audiosubskription für Blinde und Untertitelungen für Taube ausgestattet. In diesem Falle wird die Inklusion noch von der Technik getragen, in vielen anderen bleibt sie von unserem Engagement abhängig.
ueber Mut Festival I 5.–18.5. Bürgerbhf. Wuppertal Vohnwinkel, Cinemaxx Wuppertal Mehr Infos unter: www.aktion-mensch.de/filmfestival
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