Das Rezept für gute Krimis ist einfach. Sie sollten eine Geschichte erzählen, die so spannend ist, dass sie bis zum Ende fesselt. Es sollten interessante Figuren auftreten, die nicht einfach nur gut oder böse sind, sondern im Angesicht des Verbrechens schillern. Ebenso wichtig ist, dass es am Ende eine Auflösung gibt, die plausibel erscheint. Auf Leichen oder das, was von ihnen übrig bleibt, kann man hingegen durchaus verzichten. Den Gegenbeweis treten zwei Autoren mit ihren aktuellen Werken an, die zum Beginn dieses Jahres erschienen sind. Ausgehend vom Fund menschlicher Überreste schildern sie auf jeweils ungewöhnliche, aber durchaus lesenswerte Weise spannende Kriminalfälle.
Davide Longo zählt ohne Frage zu den interessantesten italienischen Autoren der Gegenwart. In seinem neuen Roman „Die jungen Bestien“ (Rowohlt) zeigt er dies erneut. Er wirft den Blick auf einen fiktiven Kriminalfall, der sich vor 40 Jahren in Italien zugetragen hat, als die roten Brigaden, ähnlich wie die RAF in Deutschland, mit Anschlägen für Aufsehen sorgt. Der Autor macht aus Politik und Verbrechen nicht nur einen explosiven Mix und lässt dabei drei Kommissare ermitteln, die mit ihren Eigenarten definitiv in Erinnerung bleiben. Er beweist mit seinem neuen Werk, dass Kriminalromane dank seines Hangs zum impressionistischen Schildern auch durchaus literarische Qualitäten haben können.
Carsten Sebastian Henn hat sich mittlerweile nicht nur als Journalist, sondern auch als Autor von Kriminalromanen einen Namen gemacht. Sein jüngstes und zudem äußerst unterhaltsames Werk heißt „Der Gin des Lebens“ (Dumont). Ben, der auf der Suche nach dem Rezept für den Gin, den sein Vater einst selbst produzierte, in einem malerischen Ort im Süden Englands gelandet ist, trifft dort auf Cathy, die ebenfalls nach dem perfekten Gin sucht. Die Erzählung changiert zwischen abenteuerlicher Schnitzeljagd und teils übertriebenen Beziehungsgeschichten. Der eigentliche Kriminalfall wird zur Nebensache und das Besondere dieses Buchs rückt in den Fokus: Zum einen nimmt sich der Autor die Zeit, in eigens angelegten Kapiteln über die Gin-Produktion an sich zu sprechen. Zum anderen fügt er dem Roman ein Rezeptbuch ausgewählter Cocktails mit Gin an. Beides lädt zum erneuten Nachschlagen ein.
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