Es dauert keine fünf Minuten, da trällern die beiden Hauptdarsteller schon den Hit des Abends: „I get a kick out of you“. Cole Porter hatte sich 1934 zur Uraufführung seines „Anything Goes“ diese ungewöhnliche Musical-Dramaturgie einfallen lassen, um das snobistische New Yorker Publikum zur Pünktlichkeit zu erziehen. Das nahm nämlich gerne verspätet die Plätze ein, um seine teuren Roben zur Geltung zu bringen.
In Bielefeld galt die ungeteilte Aufmerksamkeit von Beginn an den beiden (Gast-)Stars Karin Seyfried und Jens Janke, die das Publikum in der letzten Spielzeit in George Gershwins „Crazy for you“ mit ihrem Allround-Talent begeistert hatten. Da konnte eigentlich nichts mehr schief gehen, zumal man Cole Porters bissig-ironische Texte im Original belassen hatte. Dennoch sollte sich das Versprechen – dass der Titel des Stücks vorgibt – uneingeschränkt nur im dreifachen Happy-end niederschlagen. Auf dem Weg dahin gerät die „S.S. Amerika“ – auf der, nach dem Prolog, die gesamte Handlung spielt – während ihrer Fahrt von New York nach London allerdings in einige inszenatorische Turbulenzen.
Eigentlich sollte Billy Crocker (Jens Janke) seinem Börsen-Makler-Chef nur einige Geschäftsunterlagen an Bord bringen und dann an der Wall Street gewinnbringend Aktien abstoßen. Aber als er seine große Liebe Hope beim Einschiffen entdeckt, schleicht er sich als blinder Passagier mit an Deck. Dort muss er sich nicht nur vor der Besatzung und seinem Chef verstecken, sondern auch vor Hopes Mutter, die ihre Tochter des Geldes wegen einem englischen Lord versprochen hat. Außerdem an Bord: Billys frühere, noch immer auf seine Rückkehr hoffende, Geliebte Reno (Karin Seyfried), die mit ihren „Engeln“ als singende „Predigerin“ angeheuert hat. Und Amerikas, als Priester verkleideter, Staatsfeind Nr. 13, Moonface Martin mit dem nymphomanischen Gangsterliebchen Emra im Schlepptau. Kein Wunder, dass es in dieser illustren Gesellschaft zu einigen amüsanten Verwicklungen kommt....
Die Inszenierung von Roland Hüve lässt leider jenes Timing vermissen, das eine turbulente Boulevardkomödie benötigt. Und auch die „Eindampfung“ auf die finanziellen Möglichkeiten einer städtischen Bühne haben dem Stück nicht gut getan: So dürfen gegenüber den zwölf Original-„Engeln“ hier nur vier mit an Bord und auch die Matrosen-Crew besteht lediglich aus einem Quartett. Das nimmt den groß angelegten Tanz- und Steppszenen dann doch etwas von ihrer ursprünglichen Dynamik, die auch durch die weder genügend breit noch tief ausgelegte Bühne eingeengt wird. Die fordert nicht nur von Choreograph Jochen Schmidtke Tribut, sondern hat auch Christof Cremer zu einem wenig aufregenden Bühnenbild „gezwungen“. Dafür hält sich Cremer bei den Kostümen schadlos: Wenn Karin Seyfried im stilvollen Abendkleid mit ihrem kongenialen Partner Jens Janke tanzt oder im aufregenden Glitter-Kostüm in den (Bühnen-)Himmel entschwebt, dann zelebriert er sie als jenen Musical-Star, der den Vergleich mit der „Ur“-Reno Ethel Merman nicht scheuen muss.
„Anything goes“ von Cole Porter I R: Roland Hüve I Theater Bielefeld I Sa 18.6. 19.30 Uhr I 0521 51 54 54
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