Wie immer eröffnet das kölsche Lustspielhaus die Karnevalssaison schon vor dem offiziellen 11 Uhr 11 „Anstoß“ am 11.11. mit seinem jährlich neuen Travestiestück. Wie ausgehungert stürzt sich das „vorgeglühte“ Publikum ins Karaoke-Opening. Der Bogen zum programmatischen Titel „Kaffeebud – La kölsche Vita“ ist mit „Blootwosch, Kölsch un e lecker Mädsche“ und „Pizza Wundaba“ schnell geschlagen – und das von Autor und Regisseur Ralf Borgartz angeführte Ensemble braucht nur noch die ausgelassene Stimmung am Köcheln zu halten.
Im Mittelpunkt des hübschen Puppenstuben-Bühnenbilds von Lena Sofuoglu steht die Wäscherei von Ajuja Kolvenbach (überzeugend: Hilde Schmitz), eingerahmt von der Kaffeebud ihres Sohnes Luigi – den sie einst dem italienischen Mafiaboss Don Fellatio untergeschoben hatte – und dem Puff von Marilyn Müller (Sophie Russel). Die hat nicht nur zwei geschäftstüchtige Bordsteinschwalben – zu deren Stammkunden Politiker und Priester gehören – am Laufen, sondern auch ihre missratenen Zwillinge Dudu und Franky am Hals. Onkel Angelo taucht aus Palermo auf und verkündet, dass Luigi Don Fellatio als Paten beerben soll, wenn er dessen Tochter Putania heiratet. Aber Luigi hat ein Auge auf deren Schwester Gina (lieblich: Kirstin Hesse) geworfen.
Nach dem Tod des Scala-Gründers Walter Bockmayer 2014 gehen nun seine „Erben“ Ralf Borgartz und Arne Hoffmann in ihre dritte Saison. Sie haben nicht viel am derben, von Pop-Hits auf Kölsch und schmissigen Tanzeinlagen unterbrochenen Schwank-Charakter der Stücke geändert. Allerdings wirken Borgartz‘ Inszenierungen etwas verspielter, auch wenn er als Autor die Schlagzahl unter der Gürtellinie erhöht hat. So als wolle er auf Tunte heraus ins Guinness-Buch der Rekorde für die längste Zoten-Dauerberieselung („Was sind die Lieblingsflüsse des Priesters? Rhein-Inn-Main-Po!“). Zum Glück entschärft das Ensemble mit seiner überbordenden Spielfreude, die auch Raum für Improvisationen bietet, die meisten Derbheiten. Allen voran der Travestie-Star Sophie Russel, dessen kölsche Version („Pääle maache mich knatschjeck“) des Marilyn-Monroe-Hits „Diamonds Are a Girl´s Best Friend“ zu den Höhepunkten des Abends gehört. Markus Dietz (als Luigi) gefällt wieder mit seinem authentischen Spiel und seiner ausdruckstarken, angerauten Stimme („Se bastasse una canzone“).
Auch Arne Hoffmann ist kein großer Sänger, wirkte zudem ein wenig fahrig in seinen Rollern als Zwillingspaar Dudu und Franky. Brillant allerdings sein dem zwergenhaften König
Farquaad aus „Shrek“ nachempfundener Onkel Angelo. Auch Borgartz schlüpft in mehrere Rollen, wobei er die verschmähte Putania zu seinem darstellerischen Sahneschnittchen macht. Durch all das Chaos fegen die beiden Tänzerinnen Katja Baum (auch Choreografie) und Sylvia Batusek, so als würden sie immer jünger werden. Eine besondere Augenweide sind auch die farbenfrohen Kostüme von Karin Wirtz, der das – so noch mehr zur Geltung kommende – Ensemble auch den Premierenabend gewidmet hat.
„Kaffeebud – La kölsche Vita“ | R: Ralf Borgartz | immer Do-So | Scala Theater Köln | 0221 420 75 93
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