Neulich erklärte ich einem englischen Bekannten Köln. „Es ist klein, aber ziemlich multikulturell“, sagte ich und erschreckte mich ein wenig über meine Wortwahl. Denn zum einen ist mir klar, dass man „mit Migrationshintergrund“ auch in Köln eher in einem schlechten Job und einer schlechten Wohnung landet als ohne. Zum anderen ist „multikulturell“ eine sehr grobschlächtige Beschreibung für eine Selbstverständlichkeit: Kulturen existieren nicht im Vakuum.
So ist es auch im Kölner Popkosmos. Ein Beispiel: Bukahara, neben Annenmaykantereit vermutlich momentan die Bekannteste der jungen Singer/Songwriter- bzw. Folkbands aus Köln (ok, aus Köln und Berlin!). Vier Musiker mischen Balkansound, Folk und arabische Musik, als wären sie jahrelang auf den Straßen und den Kneipen der Welt unterwegs gewesen. Kein Wunder, dass ihre Musik innerhalb des selbstgewählten Folk- und Poprahmens nur wenig stilistische Grenzen kennt. Ihre vom Gipsy-Jazz beeinflussten Songs werden durch arabische Melodien unterbrochen, ohne dass ihre Arrangements dadurch beliebig wirken. Die Unbeschwertheit, mit der Bukahara all dies vermengen, steht aber im Kontrast zur Bürokratie, die ihnen das Leben immer wieder schwer macht. Erst Ende April erhielt Bassist Ahmed Eid, ein Palästinenser, eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung und kann somit weiterhin mitspielen.
Bukahara zeigen im Kleinen, was die Kölner Popszene im Großen beweist: Pop ist dann am interessantesten, wenn er nicht permanent um den eigenen Bauchnabel kreist. Die im Allgemeinen eher wertkonservative Minimal- und Indiestadt Köln wird jedes Wochenende zu einem Panorama der Welt. Im Club Bahnhof Ehrenfeld, der ersten Adresse für Hip-Hop und R&B, wird bei der Bolingo-Party regelmäßig Popmusik aus Afrika aufgelegt – egal ob der Schmusesound von Kizomba, die Dance-beeinflussten Popsounds des nigerianischen Naija-Pop oder die derben Beats des angolanischen Kuduro. Das DJ-Team Radio Sabor wiederum hat die Musik der afro-karibischen Metropolen auf dem Laptop – egal ob Santo Domingo, Caracas oder Kingston, egal ob Reggaeton oder Merengue. Die „Mash It Up!“-Party im Subway haucht dem viel geraunten Etikett „Global Bass“ Leben ein und zeigt hinter dem DJ-Pult, wie man UK Funky, Techno Brega und House auf eine gemeinsame BPM-Zahl bringen kann. Plattendigger freuen sich über Burak Fahri Içers Party „Türkische Delikatessen“, auf der die staubigsten Platten der türkischen Psychedelic-Szene der 70er ihren Weg auf die Technics finden. Und wer den ganz normalen Wahnsinn aus Balkansounds, Dancebeats und russischer Rockmusik goutiert, kann sich jeden Monat zwischen dem Balkan Express im Gebäude 9 oder der Kompott-Party im Stadtgarten entscheiden. Oder geht einfach zu beiden. Schließlich ist Köln in erster Linie klein und man kennt sich. Zum Glück.
Bukahara: www.bukahara.com | Bolingo: facebook.com/bolingoclub | Radio Sabor: www.radiosabor.de | Mash it up: www.miucologne.de | Türkische Delikatessen: facebook.com/TuerkischeDelikatessen | Balkan Express: facebook.com/KKmusika | Kompott Party: facebook.com/kompott.kollektiv
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