Black Dog – Weggefährten
China 2024, Laufzeit: 110 Min., FSK 12
Regie: Guan Hu
Darsteller: Eddie Peng, Liya Tong, Jia Zhangke
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Poetisches Mensch-Hund-Drama
Hand in Hand
„Black Dog – Weggefährten“ von Guan Hu
Sommer 2008, die chinesische Kleinstadt Chixia am Rande der Wüste Gobi. Die Verwicklung in einen Todesfall hatte Lang (Eddie Peng) jahrelang ins Gefängnis gebracht, nun kehrt er zurück in seine Heimatstadt. Die ist allerdings kaum wiederzuerkennen: Während in den pompös aufgerüsteten Metropolen der Diktatur die Olympischen Spiele einziehen, verkommt Chixia zur Geisterstadt: Unzählige Einwohner haben den Ort verlassen, die Gebäude stehen leer, die Tiere im Zoo verwahrlosen, die Menschen, die geblieben sind, sind entmutigt, geben sich dem Alkohol oder Rachegelüsten hin. Draußen in der Steppe und in den Ruinen der Stadt: Horden von Hunden, die, von ihren Besitzer:innen verlassen, ihren Bezugspunkt verloren haben. Die Stadt sucht Hundefänger. Lang nimmt den Job an, doch er zeigt zu viel Mitgefühl. Einer der Streuner wächst ihm dabei besonders ans Herz: Ein Verlorener trifft auf einen Verlorenen.
Der chinesische Regisseur Guan Hu (*1968) beeindruckte 2009 mit seiner schwarzen Komödie „Cow“ die Kritik in Venedig. 2013 zielt er mit seiner Komödie „The Chef, the Author, the Scoundrel“ (2013) auf ein größeres Publikum ab. „Mr. Six“ (2015) folgt einem gealterten Gangster durch die Straßen Pekings – das China der Vergangenheit trifft auf die Moderne. Dann 2020 zwei Kriegsspektakel und globale Kassenschlager („The 800“, „The Sacrifice“), bei denen Guan Hu in Regie und Co-Regie Humanismus auf patriotisches Pathos prallen lässt. Und nun dieses kleine Lichtspiel. Ein ruhiges Drama fernab von jenem Kriegsgeschehen, in dem bisher die meisten Werke des Filmemachers verortet sind. Inspiriert ist sein Protagonist Lang durch den Erlang-Gott einer chinesischen Legende, der mit seinem Hund durch den einsamen Himmel wandert. Hier, am Rande der Wüste, wandern Lang und sein namenloser Hund als Gefährten und Seelenverwandte durch die Bedeutungslosigkeit auf der Suche nach Halt, Sinn und Erfüllung. Bedeutungslosigkeit in einer Stadt, aus der das Leben verschwindet, um etwas Größerem Platz zu machen. So schallt es zumindest aus den Lautsprechern der Partei: Alles geschieht zur Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität – „Gemeinsam können wir Großes erreichen!“
Humanismus und Pathos? Entfremdung und heilsame Parteiparole? Guan Hus Dramen aus dem Produktionsland China lassen verschiedene Lesarten zu. Man ahnt allerdings, worum es dem Regisseur geht. So auch hier: Während Produzentin Liang Jing im Hinblick auf die gebeutelten Bürger des Dramas auf Eigenverantwortung setzt – „Es liegt an uns, einen Ausweg zu finden“, vermittelt Guan Hu über seine Hauptfigur schlichtweg eins: Sehnsucht. Lang war einst regionaler Rockstar, in seinem alten Zimmer hängt ein Poster von Alan Parkers „The Wall“. Songs von Pink Floyd und Varianten des Soundtracks begleiten den Protagonisten durch den Film. Durch Langs Sehnsucht nach (vermeintlicher) mütterlicher Geborgenheit, durch sein Bedürfnis, Mauern einzureißen. Ein ruhiges, poetisches Drama, in dem Traurigkeit und stiller Humor Hand in Hand gehen, das von Entwurzelung erzählt und von der Suche nach einer Erlösung.
(Hartmut Ernst)
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