Der Butler
USA 2013, Laufzeit: 132 Min., FSK 12
Regie: Lee Daniels
Darsteller: Forest Whitaker, Oprah Winfrey, John Cusack
>> www.derbutler-derfilm.de/
Berührendes Historiendrama
Gefühlte Geschichte
„Der Butler“ von Lee Daniels
Der Süden der USA im frühen 20. Jahrhundert. Der schwarze Junge Cecil Gaines arbeitet unter dem unbarmherzigen Regiment weißer Plantagenbesitzer. Der Vater wird getötet, die Mutter misshandelt. Durch glückliche Fügung entkommt Cecil (Forest Whitaker) den unmenschlichen Bedingungen, gelangt unter der Obhut eines bejahrten Schicksalsgefährten nach Washington und steigt schließlich vom „Housenigger“ zum Butler im Weißen Haus auf. Dort dient er knapp drei Jahrzehnte lang insgesamt sieben Präsidenten. Der Job erlegt ihm nicht bloß auf, unsichtbar zu sein, sondern vor allem unpolitisch: „Wir tolerieren keine Politik im Weißen Haus“, proklamiert der Personalmanager. Doch derlei Ambitionen hegt Cecil ohnehin nicht. Er ist dankbar dafür, den Rassisten aus dem Süden entkommen zu sein und einen ordentlichen Job machen zu dürfen, der nicht gut bezahlt ist, ihm aber schmerzvolle Demütigungen im Arbeitsalltag erspart und ein würdevolles Leben ermöglicht. Zumindest im Vergleich zu früher. Im Weißen Haus dient Cecil fortan den Staatsherren, zu Hause gründet er mit seiner Frau Gloria (Oprah Winfrey) eine Familie. Als sein erwachsener Sohn Louis (David Oyelowo) in den 1960ern auf die Uni geht und sich für die Bürgerrechte der Farbigen stark macht, kollidiert Louis‘ zunehmendes Engagement für den Protest mit der Cecil auferlegten politischen Enthaltsamkeit. Das Verhältnis der beiden Männer eskaliert.
Konstrukt der Montage
Die Geschichte Cecils beruht auf einem wahren Vorbild namens Eugene Allen, das Drehbuch fußt auf einem Zeitungsartikel über jenen Butler, der sieben Präsidenten diente. Nun könnte man erwarten, der Film biete Einblicke hinter die Kulissen des Weißen Hauses und offenbare den Menschen hinter den Amtsträgern. Stattdessen aber wartet der Film mit allerlei Kurzauftritten prominenter Darsteller in wechselnden Präsidentenrollen auf (u.a. Robin Williams, Liev Schreiber, John Cusack, Alan Rickman). Natürlich beobachtet man die Amtsinhaber sporadisch beim menscheln, was mitunter soweit geht, dass es an die Karikatur heranreicht. Während John F. Kennedy noch ein verstecktes Nickerchen auf dem Teppich seines Büros hält, erteilt Lyndon B. Johnson von der Klobrille aus Anweisungen an seinen Stab, der vereint an der geöffneten Badezimmertür steht. Und zwischendurch führen die Staatsführer Smalltalk mit ihrem treuen Diener Cecil. Einem solchen flinken Gedankenaustausch folgt in der nächsten Szene gern eine erquickende Ansprache des Präsidenten an seine Nation, was die Schlussfolgerung zulässt, Cecil hätte seinen Vorgesetzten richtungsweisend beeinflusst. Schlussendlich aber ist dies nur ein Konstrukt der Montage. Da nützt es auch nichts, wenn später behauptet wird, Butler könnten subversiv sein, ohne es zu wissen.
Nein, Voyeure werden hier nicht wirklich befriedigt, Cecils Erlebnisse im Weißen Haus bleiben zum größten Teil skizzierte Fiktion. So folgen die Präsidenten einander im Schnelldurchlauf und bleiben so anonym, wie man sie kennt. Doch das macht nichts. Denn im Fokus dieses Dramas steht Cecil selbst. Ein Mann, der seiner Vergangenheit entkommt, dem sich eine humanere Zukunft eröffnet. Der Preis dafür ist Schweigen. Und Schweigen kann überlebenswichtig sein, das hat ihn das grausame Schicksal seines Vaters gelehrt. Cecil wird zum stummen Diener. Mehr darf er nicht, mehr braucht er nicht. Der Job ist sein Leben. Ein neues Leben. Sogar seine Familie vernachlässigt er dafür. Den Sohn verdammt er, als der zuerst zum stummen Protest ansetzt, um schon bald in der Öffentlichkeit das Schweigen zu brechen. Der Film reift zum Charakterdrama, der Vater-Sohn-Konflikt erwächst zum zentralen Motiv heran, die Rassenunruhen und der Kampf um Gleichberechtigung bilden den historischen Rahmen. „Der Butler“ entspricht einer opulent in Szene gesetzte Geschichtsstunde. Einer Geschichtsstunde aus Hollywood, emotional verdichtet und schwer oscarverdächtig.
Mehr als unverfängliche Betroffenheit
Das Drama hat in den USA bereits eine beachtliche Zuschauerschar in die Kinos gelockt. Regisseur Lee Daniels dirigiert sein bis in die Nebenrollen überbordend prominentes Cast (Mariah Carey, Cuba Gooding Jr., Terrence Howard, Lenny Kravitz) mit sicherer Hand durch eine solide Inszenierung. Und er sorgt dafür, dass sich sein Durchmarsch durch die Jahrzehnte nicht hektisch überschlägt. Ebenso souverän entgleitet sein historischer Rückblick trotz Weichzeichner und Streicherwogen nicht im Kitsch. Ganz im Gegenteil trumpft er gelegentlich mit Ironie auf. Oder gar mit klaren, völlig unironischen Statements aus dem Off, so dass „Der Butler“ mitunter mehr bietet als eine kuschlige, unverfängliche Betroffenheit über eine lang vergangene Kollektivschuld. Lee Daniels gelingt großes, starbesetztes Gefühlskino, angesiedelt zwischen Gleichnis, Historienfilm und Familiendrama. Amerikanisch bis zum Anschlag. Aufregend, mitreißend, melodramatisch. Ein opulentes Epos, das hält es, was es verspricht. Nicht mehr, und nicht weniger.
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