Into the Wild
USA 2007, Laufzeit: 148 Min., FSK 12
Regie: Sean Penn
Darsteller: Emile Hirsch, Catherine Keener, William Hurt, Vince Vaughn, Marcia Gay Harden, Hal Holbrook, Kristen Stewart
Atlanta, Mai 1990: Der junge Christopher McCandless hat genug von Zivilisations-Schablonen und privilegierten Karrieren und haut ab in die Wildnis. Sean Penn verfilmt seinen abenteuerlichen Weg.
Während andere vielleicht hin und wieder ins Kino entfliehen, um dem alltäglichen Wahnsinn unserer zivilisierten Welt zu entgehen, schlug Christopher McCandless einen konsequenteren Weg ein: Christopher (Emile Hirsch), der 22jährige amerikanische Musterschüler mit Aussicht auf ein Jura-Studium in Harvard verabschiedete sich 1990 von seiner Vergangenheit, einem Lügengerüst seiner angepassten Eltern, und damit zugleich von einer Karriere, die Vater und Mutter ihm gerade ebnen wollten: Ohne Geld und Papiere nimmt er Reißaus gen Norden mit dem Ziel Alaska.
Sean Penn inszeniert den zweijährigen Passionsweg des Aussteigers, dessen Tagebuchaufzeichnungen von seinem Abenteuer erzählen, episch: In fünf Kapitel gliedert Penn die Suche seines Helden, der Freunde nur in Jack-London-Romanen findet und der endlich leben will. Geburt, Kindheit, Mannesalter, Familie und Weisheit lauten die Titel der Stationen, die Emile Hirsch überzeugend als Christopher McCandless überwindet, um ein neuer Mensch zu werden. Clint Eastwood als namenloser Loner war eines seiner Vorbilder. Christopher gibt sich zu Beginn seiner Reise einen neuen Namen: Alexander Supertramp. Unterwegs trifft er auf ein Hippiepärchen, arbeitet für den geerdeten Farmer Wayne (Vince Vaughn) oder begegnet dem alten, lebensmüden Army-Veteranen Ron Franz (Hal Holbrook, „Men of Honor“), die den philosophierenden Supertramp ebenso bereichern wie er sie.
Sean Penn verschachtelt in seiner vierten Arbeit als Spielfilmregisseur („Indian Runner“, „Crossing Guard“, „Das Versprechen“) die Stationen seines Helden mit Rückblenden in die Vergangenheit, die aus dem Off von Christopher selbst oder von seiner Schwester kommentiert werden, die verständnisvoll bis verzweifelt von ihrem Bruder erzählt.
Über weite Strecken entsteht so eine wundervoll poetische Reise eines Querdenkers, der dem Zuschauer so manchen anregenden Gedanken mit auf den Weg geben dürfte. Nur selten verfällt Sean Penn in für diesen Aussteigerfilm unpassend angepasste Inszenierungsmuster, wenn er seinen Helden auch mal in kreisender Zeitlupe und mit Weltmusik im Einklang mit der Natur feiert. Insgesamt aber gelingt Penn ein überzeugendes, mitreißendes Portrait, das zu Rückbesinnung aufruft und jenseits der Trivialität wachrüttelt.
(Hartmut Ernst)
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