Utøya 22. Juli
Norwegen 2018, Laufzeit: 93 Min., FSK 12
Regie: Erik Poppe
Darsteller: Andrea Berntzen, Elli Rhiannon Müller Osbourne, Sorosh Sadat
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Fiktives Drama auf der Basis wahrer Ereignisse
72 Minuten
„Utøya 22. Juli“ von Erik Poppe
Interview mit der Hauptdarstellerin Andrea Berntzen
Utøya – der Name dieser norwegischen Insel steht für einen mörderischen Angriff, den wohl kaum jemand vergessen hat. Der Attentäter, ein faschistischer Einzeltäter, versetzte am 22. Juli 2011 die 500 jugendlichen Besucher und Besucherinnen eines Zeltlagers der sozialdemokratischen Arbeiterpartei für mehr als 70 Minuten in Todesangst. Derzeit sitzt er seine Strafe ab.
Der Film von Erik Poppe zeigt uns diesen Mann nicht, nur ein einziges Mal sieht man eine Silhouette in großer Ferne. Stattdessen lernen wir die Opfer kennen. 3 Betroffene waren bei den Dreharbeiten anwesend, um das Team und besonders die SchauspielerInnen zu unterstützen. Auf der Basis von etwa 40 Zeugenaussagen haben die beiden Drehbuchautoren fiktives Personal entwickelt und erzählen die Geschichte anhand von Kaja, 18 Jahre alt, klug, vernünftig, beliebt. Sie hat ihre jüngere Schwester mit genommen, und als wir die beiden das erste Mal erleben, wissen diese bereits, dass das Regierungsviertel in Oslo von einem Bombenangriff erschüttert wurde. Was sie nicht wissen: Der Täter befindet sich inzwischen mit ihnen auf der gleichen Insel. Kaja ist sauer, weil Emilie auf den Anschlag nicht angemessen reagiert, wie sie meint. Man trennt sich im Streit. Wenig später erklingen auf Utøya die ersten Schüsse.
Der Angriff währte 72 Minuten, 77 Menschen starben, 99 wurden verletzt. Der Film dauert 93 Minuten, bewahrt die Einheit von Ort und Zeit, hat keinen Soundtrack und vor allem ist er ungeschnitten. Eine enorme technische Herausforderung für Cast und Crew, 3 Monate lang, 5 Tage die Woche, hat das Team diesen einen Take geprobt. Die bewegte Kamera begleitet Kaja und ihre Freunde und Freundinnen ohne Unterbrechung und teilt damit ihre Perspektive und ihren Kenntnisstand. Wie sie kann man im Kino die Herkunft der Schüsse nicht orten, und anders als das (durch die Nachrichten später informierte) Publikum können die Jugendlichen sich nicht erklären, was geschieht, nehmen sogar an, dass sie von mehreren Tätern angegriffen werden. Kaja rennt – mal in der Gruppe, mal allein – durch den Wald, klettert die Steilküste zum Wasser hinunter, kauert sich hinter Bäume, an Felsen, kümmert sich um Verirrte und Verletzte – darunter sogar Kinder im Grundschulalter, und sucht ihre Schwester. Gespielt wird sie von der enorm talentierten und noch unbekannten 20-jährigen Andrea Berntzen, die in Oslo die Theaterschule besucht. Sie und alle anderen Akteure standen zuvor nie vor einer Kamera. Immer wieder gibt es Momente des ängstlichen Verharrens, der Stille. Die Jugendlichen beraten sich, versuchen ihre Eltern zu erreichen, die Polizei zu alarmieren und in die richtige Richtung zu fliehen.
Durch die Einheit von Ort und Zeit ist der Film extrem intensiv, ohne dabei die Gefühle der Betroffenen auszuschlachten oder zur Sensation zu machen. Wir werden zu unmittelbaren Zeugen, stellen uns Fragen, suchen nach Antworten, hoffen und bangen und bleiben eineinhalb Stunden bei den ProtagonistInnen und auf der Insel Utøya.
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