Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.581 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Das Bauprojekt Kö-Bogen II
Bild: Centrum Group

Friendly Fire

23. Februar 2017

Düsseldorf kauft Rechte am Schauspielhaus – Theater in NRW 03/17

Es klingt zunächst absurd: Die Stadt Düsseldorf kauft die Rechte, ihr Schauspielhaus als Schauspielhaus nutzen zu dürfen. Es ist aber nicht absurd, sondern ein logischer Schluss mit gefährlichen Folgen. Vorangegangen ist diesem Kauf das Friendly Fire von Oberbürgermeister Thomas Geisel. Mal sollte das denkmalgeschützte Schauspielhaus komplett abgerissen werden, dann als Kongresszentrum genutzt oder zum Musicaltempel umgewidmet werden. Alles im Dienste des neuen Investorengroßprojekts „Kö-Bogen II“, das in unmittelbarer Nähe liegt und in seinem gefräßigen Wahn sich seine ganze Umgebung unterwerfen möchte. Der Oberbürgermeister zog alle Register, das Schauspielhaus zu schleifen und sich selbst als Kultur-Banause zu outen – bis das Land NRW und der Rat der Stadt, die den Betrieb jeweils zur Hälfte finanzieren, dem unsäglichen Treiben ein Ende setzten.

Nun hat die Stadt Düsseldorf mit den Erben des Schauspielhaus-Architekten Bernd Pfau einen Vertrag abgeschlossen. Danach kauft die Kommune Bernhard Pfau jr. die Nutzungsrechte an dem urheberrechtlich geschützten Bau ab. Urheberrechte, die erst nach 70 Jahren erlöschen, sind gesetzlich nicht veräußerbar, Nutzungsrechte dagegen schon. 750.000 Euro soll der Rechte-Kauf kosten, von denen merkwürdigerweise der Inverstor des Kö-Bogen-II-Projekts, laut eines Berichts der Rheinischen Post, ein Drittel übernimmt. Mit diesem Vertrag soll die Nutzung des Baus als Schauspielhaus gesichert sein. Auch substanzielle Eingriffe in die Architektur dürften damit abgewendet sein. Dies ist vor dem Hintergrund, dass die Nachkommen des Architekten sich in den letzten Jahren immer wieder gegen Umgestaltungen des denkmalsgeschützten Baus wehren mussten, eine gute Nachricht.

Weniger gut daran ist, dass der Vertrag offenbar Handlungsfreiheit auf einem anderen Gebiet einräumt. So haben Stadt und Investor nun alle Möglichkeiten, den Gustaf-Gründgens-Platz vor dem Theater zu verkleinern und umzugestalten. Die darunter liegende Tiefgarage wird sowieso abgerissen, doch es geht auch um die inzwischen niederlegte Begrenzungsmauer des Platzes. Obwohl unklar ist, inwieweit sie von Bernhard Pfau geplant wurde, steht sie unter Denkmalschutz – musste aber dem herrischen Neubau-Koloss von Architekt Christoph Ingenhoven inzwischen weichen. Und auch das Kassenhaus des Schauspielhauses soll umgestaltet und die Fassade geöffnet werden. Damit ist endgültig klar, dass das komplex auf einander bezogene Ensemble von Schauspielhaus und Thyssen-Hochhaus zerstört wird. Zu dieser Antithese aus organisch- geschwungener Horizontale des Theaters und emporgereckter Vertikale des Drei-Scheiben-Hauses gehörte unabdingbar auch die Weite des Gustaf-Gründgens-Platzes samt Einfassungsmauer dazu. Nur so gewann die Dialektik der beiden Bauten ihre städtebauliche Signifikanz. Schon die Planung des Kö-Bogen-II-Projekts hat diese Kontur zerstört. Mit dem Kauf der Nutzungsrechte haben Stadt und Investor endgültig freie Hand.

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Bessere Bezahlung für freie Kunst
NRW führt Honoraruntergrenzen ein – Theater in NRW 08/24

Angst
Beobachtung eines Kritikers im Kindertheater – Bühne 02/23

Bessere Konditionen
EU stärkt Solo-Selbstständige im Theater – Theater in NRW 11/22

Dunkle Fassaden
Das Theater und die Energiekrise – Theater in NRW 09/22

Freunde und Netzwerke
In Dortmund wurde ein neuer Festivalverbund gegründet – Theater in NRW 03/22

Die Macht, ihr Preis und die Tradition
Düsseldorfer Schauspielhaus feiert 50-jähriges Bestehen – Theater in NRW 01/20

Die Schaubühne als weibliche Anstalt
Theaterfrauen in und aus NRW ausgezeichnet – Theater in NRW 12/19

Mülheim war schon immer schneller
Roberto Ciulli bekommt den Theaterpreis Faust – Theater in NRW 11/19

Befristung der Ewigkeit
Der Kölner Intendant Stefan Bachmann verkürzt seinen Vertrag – Theater in NRW 01/18

Mäzene bitte melden!
Düsseldorf saniert sein Schauspielhaus mit Spenden – Theater in NRW 11/17

Als der Wald von Birnam noch stand
Peter Jordans „The Queen´s Men“ im Theaterzelt am Rhein – Auftritt 10/17

„Drittes Baby“ im Würgegriff
Der Streit um die Intendanz der Prinz Regent Theaters – Theater in NRW 10/17

Theater.

Hier erscheint die Aufforderung!