Bildungsreisen führten gern mal gen Italien, ganz berühmte Visiten verknüpfen sich mit dem Namen Goethe und denen der Familie Mozart. Auch Mendelssohn reiste in das Land, in dem alle Pizzabäcker angeblich so schön singen können. Und er war entsetzt, wie schändlich nachlässig die Italiener mit der hohen Kunst ernster Musik verfuhren. Auch heute strotzt das Land in Stiefelform nicht mit den tollsten Orchestern der Welt. Was dieses Land aber bieten kann, gerade einem Reisenden, das ist die Allgegenwärtigkeit von kultureller Geschichte, das sind sanfte, herrlich von der Natur gemischte Farben, flammende Pflanzenbüsche und fließende Hügellandschaften.
Diese einzigartige Rezeptur können sich seit zehn Jahren Musikstudenten in ganz Europa verschreiben und sich auf einen Meisterkurs im sonnigen Montepulciano bewerben. Die Hochschule für Musik und Tanz Köln hat damals einen verrotteten Palazzo in jenem toskanischen Bergstädtchen angemietet, in dem in den Siebzigern der heute sehr prominente Komponist Hans Werner Henze mit der Stadtverwaltung ein erstes Musikfestival gegründet hatte.
Nach zehn arbeits- und – durch Sponsoren gedeckt – kostenintensiven Jahren steht heute der Palazzo Ricci wie ein Vorzeigeobjekt da. Ein Konzertsaal, Probenzimmer, Räume der Stille und natürlich Räume für die Organisation sind bestens mit Instrumenten und Gerät ausgestattet. Zum zehnjährigen Geburtstag schenkte sich das erste und einzige eigene, im europäischen Ausland gelegene Institut einer deutschen Musikhochschule ein kleines Festival mit Dozentenkonzerten, studentischen Vorspielen und öffentlichen Meisterkursen, das von einer ganzen Schar prominenter Vertreter aus Politik und Wissenschaft besucht wurden. Das Institut genießt nämlich große Aufmerksamkeit auch auf Landesebene, die es 2010 zu einem „Internationalen Kolleg Montepulciano“ beförderte, was nun auch interdisziplinäre Projekte für die Studierenden an Kunst- und Musikhochschulen in NRW ermöglicht.
Übersetzt für den Alltag: Hier wurde ein Paradies geschaffen für kreative Leute, die in ihrer Freizeit oder als Teil ihrer Ausbildung eigeninitiativ Fortbildung auf höchstem Niveau und in höchster Konzentration betreiben wollen. Die Bedingungen sind sensationell, die Stimmung im nur mäßig touristisch belasteten Ort ist sehr entspannt. Mit den gehobenen Umständen wächst auch die Bereitschaft prominenter Dozenten aus Klassik und Jazz, diese Reise anzutreten. Aber wer einmal die muffig satte Luft in den kühlen Weinkellern oder die würzig warmen Stadtwinde im Burgpark geschnuppert hat, den lässt dieser schöne Ort nicht mehr los. Sensationell ist der Blick aus den Fenstern des Palazzos, besonders wenn die Sonne sich langsam hinter die Hügelketten senkt.
Die Auslastung des Hauses tendiert bei den Meisterkursen aktuell gegen 100 %, und Projekte auf Landesebene stecken noch in den Kinderschuhen. Da ist „Improvisation“ angesagt, das Thema des im nächsten Monat beginnenden ersten gemeinsamen Kolleg-Projekts artfremder Kunsthochschulen aus NRW. Auf nach Monte!
www.palazzoricci.com | www.hfmt-koeln.de/hochschule/institute-und-zentren/montepulciano
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