Kleidung kann viele Zwecke erfüllen: Zum einen bedeutet sie für den Menschen Schutz, zum anderen kann sie eine Form des Selbstausdrucks sein. Mode und Kleidung bringen Wandelbarkeit mit sich und sind nicht selten schnelllebig. Welche Auswirkungen die Fast-Fashion-Industrie auf Mensch und Umwelt hat und inwieweit wir als Individuen einen Beitrag in Richtung Nachhaltigkeit leisten können, erläutert die britische Autorin Sarah Klymkiw in ihrem Sachbuch „Make Fashion Better – Mit Stil die Welt verbessern“ (Loewe Verlag), in dem sie Leser:innen ab 10 Jahren zum Umdenken aufruft und ihnen praktische Anleitungen und Tipps mit an die Hand gibt.
Hier ein Schlussverkauf, dort ein Sale-Angebot – die Verlockung und Aufforderung zum Konsum günstiger Kleidungsstücke ist allgegenwärtig. Doch welche Auswirkungen hat die am Fließband und in Massen produzierte „Wegwerfmode“? Die Aktivistin und Schriftstellerin Sarah Klymkiw beleuchtet in den insgesamt sechs Teilen ihres Buches verschiedene Themenbereiche, von der Kleiderpflege (Flicken, Stopfen, Fleckenbehandlung) über Greenwashing-Strategien bis hin zu den Meilensteinen der Modegeschichte. Dabei baut sie viele spezifische Informationsblöcke ein, etwa indem sie eine Reihe innovativer Stoffalternativen vorstellt, die unter anderem aus Orangenschalen, Ananasblättern und Bananenstämmen hergestellt werden. Außerdem vertritt sie das Motto „Aus Alt mach Neu“ – Klymkiw gibt hierfür beispielsweise eine Anleitung, die beschreibt, wie man mittels natürlicher Farben alte Kleidungsstücke neu gestalten kann. Anregungen wie diese sind besonders zielgruppengeeignet, da so spielerisch nachhaltiges Verhalten gefördert wird. Das Sachbuch greift eine Menge spannender Fragen auf, etwa wie viel Wasser für die Produktion eines T-Shirts benötigt wird oder worin sich die verschiedenen Materialien zur Textilproduktion im Hinblick auf Nutzen und Nachhaltigkeit unterscheiden. Dabei wird auch der soziale Aspekt nicht außer Acht gelassen: Niedrige Löhne, viel zu lange Arbeitszeiten – die Ausbeutung ist ein Kernproblem der Fast-Fashion-Industrie. Zu diesem Thema werden die Leser:innen sensibel aufgeklärt und das Ausmaß beispielhaft anhand vom Rana-Plaza-Unglück 2013 untermauert. Die in Blau- und Orangetönen gehaltenen Zeichnungen von Illustratorin Kim Hankinson lassen den Text indes übersichtlich und gut verständlich wirken. Das leuchtende Neonorange wirkt besonders passend – so wird deutlich, wie dringlich die Lage ist und welch enormen zerstörerischen Einfluss die Textilindustrie auf die Umwelt hat. Hier gilt es, Verantwortung zu übernehmen. Übersteigerter Konsum ist nicht zeitgemäß, Trends kommen und gehen, doch Abfallprodukte und Ressourcenmangel wachsen stetig. Mode muss nachhaltig umgedacht und das individuelle Konsumverhalten angepasst werden – jeder Kauf ist eine politische Entscheidung.
Die Autorin zeigt, wie man den eigenen Kleiderschrank durch Tauschaktionen, Ausleihen und Thriften wieder aufpeppen kann. Und wenn es dann doch mal etwas ganz Neues sein soll, sollte auf die richtigen Siegel (Fairtrade o.ä.) und Materialien geachtet werden. Ziel ist es, ein Bewusstsein für den eigenen Konsum zu entwickeln – und das ist nach der Lektüre von Klymkiws Handbuch definitiv geschärft, insbesondere durch die vielen erschreckenden Zahlen und Statistiken, die das Ausmaß der Auswirkungen der „Einwegmode“ auf sozialer und ökologischer Ebene noch greifbarer machen. Fundiert argumentiert die Autorin und zieht teilweise auch Interviews mit Expert:innen zurate. Ein informatives Sachbuch für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, das wichtige Denkanstöße gibt und berechtigt drastische Handlungsveränderungen fordert.
Sarah Klymkiw: Make Fashion Better | Aus dem Englischen von Bea Reiter | Loewe Verlag | ab 10 Jahren | 160 S. | 12,95 €
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