Eigentlich liebt Nora den Turnunterricht, doch seit Kurzem fühlt sie sich beim Training nicht mehr richtig wohl – irgendwie hat das mit dem neuen Sportlehrer zu tun, den alle so mögen. Im Juli beim Loewe Verlag erschienen thematisiert das Aufklärungsbuch „Mein Körper gehört mir – auch im Sport!“, wie von pädagogischer Seite aus präventiv gegen sexuellen Missbrauch im Sport vorgegangen werden kann. Der aktuelle Titel der deutschen Kinder- und Jugendbuchautorin Dagmar Geisler soll junge Leser:innen ab sieben Jahren sensibilisieren und die Autonomie über den eigenen Körper stärken.
Obwohl ihre Mannschaftskamerad:innen allesamt begeistert von dem neuen Trainer Sven sind, macht sich bei Nora jedes Mal ein komisches Bauchgefühl breit, wenn er ihr Hilfestellungen bei schwierigen Übungen gibt. Schließlich platzt es aus ihr heraus – sie nimmt all ihren Mut zusammen und verleiht ihren Gefühlen Gehör. Autorin Dagmar Geisler gelingt es, in zielgruppengerechter Sprache ein tabuisiertes Thema aufzubereiten und es erzählerisch für Kinder zugänglich zu machen. Sie zeigt, wie schwierig es für Missbrauchsopfer ist, in so einer Situation das Wort zu ergreifen, und wie man lernen kann, auf den eigenen Körper zu hören, wenn er beispielsweise signalisiert, dass sich Berührungen nicht gut anfühlen oder dass es Zeit für eine Erholungspause im Sport ist, sodass man sich nicht überanstrengt. Dabei gibt sie nicht nur Kindern, sondern auch erwachsenen Leser:innen hilfreiche Tipps an die Hand, indem sie unter anderem betont, wie essenziell der regelmäßige Austausch ist, etwa durch eine gemeinsame Gesprächsrunde, in der über diverse Fragen reflektiert werden kann: Welche grundlegenden Dinge sind mir wichtig? Wie fühlt sich mein Körper heute? Mache ich den Sport, weil ich Spaß daran habe oder weil es jemand anders von mir erwartet und ich niemanden enttäuschen möchte? So können Selbst- und Körperbewusstsein junger Menschen gestärkt werden und durch offene Kommunikation in einem sicheren Kreis (oder im Einzelgespräch) Missverständnisse und Irritationen geäußert und gegebenenfalls übergriffige Handlungen gemeldet werden. Gut ist es, dass es sich in diesem Buch „nur“ um einen Verdachtsfall handelt, der erfolgreich geklärt werden kann – die Erlebnisse eines tatsächlichen, intentionalen sexuellen Übergriffes werden aus der Sicht eines Erwachsenen geschildert, der selbst als Kind Missbrauch im Sport erfahren hat und seine Erfahrungen schildert, wodurch für jüngere Leser:innen einerseits eine gewisse Distanz geschaffen wird, andererseits aber auch mitgefühlt werden kann.
Im Anhang des Buches finden sich außerdem noch die Kontaktdaten zahlreicher Beratungsstellen zum Thema Kinderschutz. Zudem vertritt Autorin Dagmar Geisler in ihrem Buch die Botschaft, dass der Spaß im Sport an erster Stelle stehen sollte und es nicht darauf ankommt, ob man gewinnt oder verliert, sondern vielmehr darauf, sich wohlzufühlen und offen über Dinge sprechen zu können, die sich nicht richtig anfühlen. Siege und Preise sind schließlich nichts wert, wenn sie auf Kosten von Wohlbefinden und Gesundheit errungen werden, so die deutsch-kenianische Leistungssportlerin und Aktivistin Alexandra Ndolo in ihrem Nachwort: „Wer für sich selbst einsteht, hat am Ende immer gewonnen“.
Dagmar Geisler: Mein Körper gehört mir – auch im Sport! | Loewe Verlag | ab 7 Jahren | 48 S. | 12,95 €
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