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Das Fleur Earth Experiment aus Köln

Unterhalb der Oberfläche

01. April 2009

HipHop aus NRW war nie im Fokus des Interesses - Popkultur in NRW 04/09

Es gibt nicht wenige Historiker des HipHop, die das erste in Deutschland entstandene Rap-Album in Köln verorten. Es heißt „Watch Out For The First Rail“, kam von der Formation LSD, wurde 1991 erstmals und 2008 auf Melting Pot Music wiederveröffentlicht. Sogar Spiegel Online würdigte Platte und Crew mit einem ausschweifenden Artikel. Doch was nach hervorragenden Startbedingungen aussieht, hat in der HipHop-Geschichte NRWs nie eine angemessene Entsprechung gefunden. Zu Beginn der Popularisierung des HipHop, in den frühen 1990ern, galt Stuttgart als das Zentrum der deutschen Szene, die von dort stammenden Acts wurden dementsprechend mit Lob und Aufmerksamkeit überhäuft. Später nahmen Frankfurt, Hamburg und zuletzt Berlin diesen Platz ein. Von NRW als Epizentrum des Rap sprach nie jemand, und das sicher nicht zu Unrecht. Denn eine fest umrissene Szene mit vielen talentierten Protagonisten mit Massenappeal gab es hier nie, wohl aber immer wieder solitäre Künstler und Bands, die sich bemühten, den Westen des Landes auf die gesamtdeutsche HipHop-Landkarte zu hieven.

Die bekanntesten Genrevertreter des Westens kamen ebenfalls aus Köln: Die Firma schafften es in den mittleren und späten 1990ern mit ihrem eher poppigen Stil aus dem Untergrund in die Charts. Weiter nördlich, in Dortmund, waren es Too Strong, die zur selben Zeit deutschlandweit Akzente setzten. In beiden Regionen, in Köln und im Ruhrgebiet, existierten zu dieser Zeit aber schon lebendige Szenen: In Köln wurden die „Beatz aus der Bude“-Partys in der Domsports-Skaterhalle zu zentralen Veranstaltungen, im östlichen Ruhrgebiet fanden sich Bands wie Too Strong und Anarchist Academy zur Silo Nation, einer losen Vereinigung vor dem Hintergrund eines bestimmten HipHop-Ethos, zusammen. Beide Szenen wurden in HipHop-Kreisen relativ bekannt und geschätzt, blieben für ein chartorientiertes Publikum ein kurzlebiges Phänomen.

Aktuell genießt der Westen eine lebendige Undergroundszene mit fruchtbaren Strukturen, aber ohne öffentlichkeitswirksame Galionsfiguren. Die vor einiger Zeit von Moers nach Duisburg gezogene Firma Mad Flava fungiert als Plattenladen, Label und vor allem Veranstalter mit Partys und Konzerten, die selbst im bundesweiten Vergleich herausragend sind. In Köln residiert mit Groove Attack die wohl wichtigste Institution des gesamten HipHop-Netzwerkes. Dazu veröffentlichen der Szene angehörende Kölner Künstler wie Huss & Hodn und Fleur Earth Experiment dieser Tage Alben, die bei Kritikern und Fans gleichermaßen für Furore sorgen. Allen gemein ist die Gewissheit, nur aus überschaubaren und unabhängigen Strukturen heraus Erfolg haben zu wollen und zu können. Der Reiz breitenwirksamer Vermarktung durch Majorplattenfirmen und Massenmedien ist ebenso verblasst wie die Verheißung des großen Geldes. Wie schmerzhaft enttäuschte Erwartungen in dieser Richtung sein können, musste unter anderem der Mülheimer Rapper Manuellsen erfahren: Er verkündete letztes Jahr, nachdem er vergeblich versuchte, ein Label für sein fertiges Album zu finden, in einem fünfzehnminütigen, pathostriefenden Track seinen Abschied aus dem Geschäft.

Christian Steinbrink

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