„Wie kann ich die Sprache der Winde imitieren“, schrieb Claudio Monteverdi einem Auftraggeber, der eine Wind-Szene bestellen wollte, „wenn sie nicht sprechen? Und wie kann ich mit ihnen die Herzen der Zuschauer bewegen?“ Diese letzte Frage bleibt das zentrale Anliegen nicht nur im Musiktheater. Winde als Protagonisten wären allerdings heute eine Kleinigkeit, die Sujets lebender Opernlibrettisten und die technischen Möglichkeiten moderner Bühnentechnik arbeiten dabei Hand in Hand. Aber mit Monteverdi, dessen 450. Geburtstag wir in diesem Jahr begehen, stehen wir am Beginn des 17. Jahrhunderts. Die Oper musste noch erfunden werden.
Auch die Ruhrtriennale 2017 gedenkt des Revolutionärs, der die Affektensprache der Musik auf die Opernbühne zurückbrachte und die Musik zur Charakterisierung der handelnden Personen benutzte. „Monteverdis erklärtes Ziel war es, die Zuhörer nicht nur zu erbauen oder zu unterhalten, sondern auch und vor allem zu erschüttern und zu Tränen zu rühren“, sagt die Monteverdi-Fachfrau und Biografin Silke Leopold. Um dabei nicht ganz die „verosimilianza“, die reale Wahrscheinlichkeit des Bühnengeschehens, ad absurdum zu führen, wählte Monteverdi für seine frühen Opernstoffe geeignete Protagonisten: Wer hätte sich mehr angeboten als Orpheus, Sohn einer Muse und eines Sonnengottes, dessen Gesang wilde Tiere und mächtige Götter besänftigen kann. Im Saal des herzoglichen Palastes in Mantua erklang 1607 erstmals dieses Werk, mit dem der Komponist bis ins 19. Jahrhundert Rezitativ und Arie für die Oper festlegte.
Ebenfalls in diesem Zeitraum widmete Monteverdi dem Papst in Rom seine „Marienvesper“, die jetzt in Traumbesetzung in der Zeche Zollern aufgeführt wird. Monteverdi kombinierte hier Motetten, Madrigale und Concerti zu einem Lauf durch alle Möglichkeiten, nutzte Effekte wie Echo auf Stimme (aus der Ferne) oder Zink, wechselte dramaturgisch ausgeklügelt zwischen Solo, Chor und Doppelchor. Der Spezialist Philippe Herreweghe, dessen letzte Silbe im Nachnamen bei herzhafter Aussprache so derb und rau klingt wie das Fell auf der historischen Rahmentrommel, bringt sein Collegium Vocale Gent mit und eine legendäre Crew der Alte-Musik-Szene, u.a. mit Dorothee Mields, Reinoud van Mechelen und Peter Kooij.
Monteverdi, der Mann aus Cremona, fand übrigens seine endgültige Heimat als Kapellmeister an San Marco in Venedig für mehr als drei Jahrzehnte. So wurde seine Hauptaufgabe natürlich die geistliche Musik, für deren Qualität die relativ früh entstandene Marienvesper beispielhaft weiterlebt und besonders heute viele neugierige Klassikfreunde begeistert.
Collegium Vocale Gent: „Marienvesper“ | So 20.8. 15 Uhr , Mo 21.8. 19.30 Uhr | Zeche Zollern | www.ruhrtriennale.de
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