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Romantik in Wagners Lohengrin
Foto: Mira Moroz

Der Künstler als Außenseiter

19. Dezember 2013

Richard Wagners Romantische Oper Lohengrin – Opernzeit 01/14

Lohengrin wird oft als Märchenoper verkannt. Wagner sah darin den „allertraurigsten meiner Stoffe“, in dem der Streiter für das Gute, Schöne und Wahre an einer reaktionären Gesellschaft scheitert und seine Liebe unerfüllt bleibt.

Wagner schreibt 1851, ein Jahr nach der Uraufführung des Lohengrin in Weimar: „Charakter und Situation Lohengrins spiegeln die Tragik des Lebenselementes der modernen Gegenwart.“ Libretto und Komposition entstanden in den Jahren 1848/49 während der politischen Vormärzbewegung. Als Barrikadenkämpfer beteiligte Wagner sich an dem Dresdner Aufstand und musste aus Deutschland fliehen. Im Lohengrin reflektiert er sein Selbstverständnis als Künstler.

Mit Lohengrin schließt Wagner die Trias seiner romantischen Opern ab, zu denen auch Der Fliegende Holländer und Tannhäuser zählen. Dieses Genre zeichnet sich gemeinhin durch Phantastik, Einbruch von Naturgewalten und den bruchlosen Übergang vom Irdischen ins Überirdische aus. Die Folie der romantischen Oper und des mittelalterlichen Stoffes nutzt Wagner in Zeiten der Zensur als Allegorie seiner eigenen Künstlerproblematik: Kunst und Welt entfremden sich immer mehr voneinander, der Künstler bleibt als Prophet ein Außenseiter. Ganz im Sinne der deutschen Kunstästhetik des 19. Jahrhunderts fasst Wagner Kunst „als Vorschein zum besseren Leben“ auf, worunter er die Utopie einer in Liebe geeinten Menschheit versteht. Diese höchste Wahrheit repräsentiert in dieser Oper die Gralswelt, deren Gesandter Lohengrin ist. Diese Welt ist jedoch den „unwürdigen Menschheit“ entrückt und nur „einsamen Menschen“ zugänglich. Die Erlösung aus der Einsamkeit kann allein das „Verstandensein durch Liebe“ bewirken. Und genau daran scheitert Lohengrin.

Die Handlung der Oper setzt im Jahr 932 n.Ch, ein, kurz vor der deutschen Reichsgründung durch König Heinrich, der sich mit seinen Verbündeten zum Krieg gegen Ungarn rüstet. Brabant ist zerrüttet durch ein Intrigenspiel um die Herrschaftsfolge, Elsa wird zu Unrecht des Brudermords bezichtigt. In einem Gottesgericht soll sie ihre Unschuld beweisen, doch niemand will für sie kämpfen. Wissend um ihre Unschuld erscheint ein fremder Ritter, Lohengrin, und rehabilitiert sie durch seinen Sieg über den Ankläger. Er legt Elsa ein Frageverbot auf: Niemals darf sie seine Herkunft oder sein Wesen in Zweifel ziehen. Die Gegenspieler Elsas sähen Misstrauen gegen den geheimnisvollen Ritter, das schließlich auch Elsa erfasst. In der Hochzeitsnacht stellt sie ihn zur Rede, enttäuscht bricht er mit ihr. In der Gralserzählung gibt er öffentlich sein Geheimnis preis, ein Gottgesandter zu sein und beendet endgültig das machtpolitische Intrigenspiel in Brabant. Die alte Ordnung ist wieder hergestellt, doch seine Idee der Erneuerung der Gesellschaft durch Liebe erweist sich als Utopie. Er verlässt Elsa und zieht sich in die Gralswelt zurück. Brabant zieht in den Krieg gegen Ungarn.

Wagner eröffnet die Oper mit einem symphonischen Kompendium der Handlung, das er zum ersten Mal nicht mehr Ouvertüre nennt, sondern Vorspiel. In den ätherischen Flageollet-Klänge der achtfach geteilten Violinen erklingt die transzendente Welt des Grals, der tonmalerisch hinab in die tieferen Instrumentengruppen schwebt. Der Gral wird enthüllt, Akkordblöcke in den Blechbläsern suggerieren „Sonnenstrahlen erhabensten Lichts“, wie Wagner in seinem kommentierenden Vorwort schreibt. Darauf folgt die Trennungsklage in einem lang angelegten, fallenden Melodiebogen, am Ende entschwebt der Gral in die ätherischen Höhen des Anfangs.

Wagner, erfüllt von Sendungsbewusstsein, versteht sich zeitlebens als Botschafter einer höheren Wahrheit. Im Lohengrin kommt er zu der bitteren Erkenntnis, dass sich der Künstler, nachdem er politisch und privat scheitert, in den Elfenbeinturm seiner Kunst zurück ziehen muss.

„Lohengrin“ 18./23./26./30.01, 18 Uhr | Deutsche Oper am Rhein | Düsseldorf


Kerstin Maria Pöhler

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