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Die Malocher aus dem Bergwerk stehen unter der Knute von Alberich (Michael Kraus)
Foto: Hans Jörg Michel

Der gierige Jude aus Nibelheim

28. September 2017

Dietrich Hilsdorf inszeniert Wagners „Rheingold“ – Oper in NRW 10/17

Und er macht es doch! – Zweimal, so sagt es der Altmeister selber, habe er im Lauf seiner Karriere schon das Angebot bekommen, einen ganzen „Ring“ zu inszenieren – und beide Male habe er abgelehnt. Zu Wagner hatte Dietrich Hilsdorf lange keinen rechten Draht. 2009 wagte er sich dann endlich an „Tristan“ und „Walküre“, 2012 an den „Holländer“. Und nun hat ihn der Intendant der Rheinoper, Christoph Meyer, doch noch ´rumgekriegt: Nach 36 Jahren Opernregie und mehr als 100 Inszenierungen bringt Hilsdorf erstmals den kompletten „Ring des Nibelungen“ bis Herbst 2018 auf die Bühnen von Düsseldorf und Duisburg.

Den lähmenden Respekt hatte der Regisseur noch nicht verloren, als er sich dazu an die Arbeit machte. Und kam dann zu einem überraschenden Schluss: „Auf keinen Fall zu viel lesen.“ Ohnehin sei „alles schonmal gemacht worden“. Also entstand „Das Rheingold“ als „Vorabend“ zu den drei Ring-„Tagen“ letztlich als „work in progress“. Wer gehofft hatte, der „Vorabend“ gebe schon einen vielsagenden Vorgeschmack auf das Folgende, wird also enttäuscht. Auch deshalb gab es zur Düsseldorfer Premiere etwas, woran Hilsdorf früher gewöhnt war, was in den letzten Jahren aber kaum noch vorkam: Proteste.

In der Tat kann der ehrfürchtige Wagnerianer Hilsdorfs Regiearbeit nur als Provokation empfinden. Noch bevor der erste Ton des Vorspiels beginnt, ist das klar. Halbgott Loge (herausragend: Norbert Ernst) tritt im Conférenciersanzug an die Rampe, entfacht eine Flamme in den bloßen Händen und zitiert dazu Heinrich Heine: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten?“ Es-Dur ist auch die Tonart des folgenden Orchestervorspiels. Vor allem aber ist das Zitat des Juden Heine eine Breitseite gegen den Antisemiten Wagner. Und im Wissen darum fällt durchaus auf, dass die gierigen Nibelungen Alberich (glänzend: Michael Kraus) und Mime (Cornel Frey) wie Klischeejuden aus der NS-Propaganda ausstaffiert sind.

Die Götter dagegen werden brutal entzaubert. Bei ihrem Einzug nach Walhall blinken bunte Glühbirnen rund ums Bühnenportal wie in einem Varieté. Hilsdorf macht aus den Göttern (Groß-)Bürger des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Um die sozialen Verhältnisse zu Zeiten Richard Wagners nachzuvollziehen, hat Hilsdorf Émile Zola gelesen. Im sehr französisch anmutenden Salon-Bühnenbild von Dieter Richter findet das ebenso seinen Niederschlag wie bei den Kostümen von Renate Schmitzer. So sind die Rheintöchter als sehr wohlklingendes Trio auch recht augenfällig den Can-Can-Tänzerinnen von Toulouse-Lautrec nachempfunden. Das verruchte Milieu ist ebenso typisch Hilsdorf wie die proletarischen Bergarbeiter aus Nibelheim.

Das alles kann dem echten Wagnerianer nicht wirklich gefallen. Handwerklich allerdings ist dieses Rheingold von gewohnter Hilsdorf-Qualität. Und musikalisch gibt´s ohnehin kaum etwas auszusetzen: Die Solistenbesetzung ist durchweg brillant. Die musikalische Leitung in den Händen des Bayreuth-erfahrenen Axel Kober, der sehr sängerfreundlich und mit nüchterner Grundhaltung dirigiert.

„Das Rheingold“ | R: Dietrich W. Hilsdorf | 4.(P), 9., 24.11. 19.30 Uhr, 3.12. 15 Uhr | Deutsche Oper am Rhein | www.operamrhein.de

Karsten Mark

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