Viele fragen sich, warum ich immer eine Mütze trage. Dabei ist der Grund eigentlich leicht zu erraten.
Denn ich bin eine Pflanze, die nach unten wächst, und die Mütze ist meine Vase.
Dass ich dabei genau bis zum Boden reiche, ist reiner Zufall – als Kind schwebte ich stets ein kleines Stück über dem Boden, weil mein Haar so fest im Mutterboden der Mütze wurzelte.
Das war damals in den 80ern auch nicht weiter ungewöhnlich.
Man muss bedenken, dass es sich um eine Zeit handelte, in der wir nicht draußen spielen durften, weil von der Ukraine her Atommüll durch die Luft nach Deutschland transportiert wurde. Ein paar Castor-Gegner hatten noch versucht, sich an eine Wolke zu ketten, waren aber von Polizeihubschraubern entfernt worden.
Und Polizeihubschrauber in den 80ern waren aus Vinyl und wurden per Handkurbel betrieben, was damals als hochmodern galt.
„Epochen“ ist nicht elektrisches Anklopfen
Die 80er waren eine Zeit, in der David Hasselhoff sich in Berlin auf ein Podest stellte, um über die Mauer hinweg die Ostdeutschen für das Leben im Westen zu begeistern. Forscher gehen heute davon aus, dass allein dieses Konzert die Bemühungen um Wiedervereinigung um mehrere Monate hinausgezögert hatte. Viele der Zeugen dieses Konzertes meldeten sich nachher freiwillig für Straflager in Sibirien.
Lacht nicht – David Hasselhoff war nicht der Bodensatz der Gesangskultur dieser Dekade!
Die 80er waren das Jahrzehnt, in dem Dieter Bohlen als Musiker erfolgreich war! „Cherry, cherry lady“ war ein Hit, und das war von den Hörern nicht ironisch gemeint.
Wir haben alle gedacht, im Jahr 2000 würden wir alle mit fliegenden Autos unterwegs sein. Wir Trottel!
Sogar die Postleitzahlen waren aus lauter Dummheit nur vierstellig!
Handys hatten damals noch Kabel und hingen an der Wand fest. Außer eine Ecke im Wohnzimmer war der Rest der Welt ein Funkloch.
„Internet“ gab es damals nur als Rechtschreibfehler und Email war eine Beschichtung von Kochtöpfen.
Bebraham liegt bei Görlitz
Fußball wurde in den 80ern noch mit einem Backstein statt einem Ball gespielt, und eine Halbzeit dauerte vier Tage. Die Spiele gingen trotzdem meistens 0:0 aus, aber es gab wenigstens wesentlich mehr Verletzungen.
Wir ritten damals auf rasierten Mammuts zur Schule. Und mit Schule meine ich ein Erdloch, in dem ein Stein lag, auf dem das Grundgesetz eingemeißelt war.
Damals bestand das Grundgesetz aus nur einem Satz: „Sprach Abraham zu Bebraham, kann ich mal dein Zebra ham.“
Das war alles, was wir wussten von der Welt, also wiederholten wir diesen Satz zu jeder Gelegenheit.
All das ist wahr. Aber eines hatten wir nicht: den behämmerten Kleidungsstil, den die Hipster jetzt als 80er Jahre-Retro-Look auftragen.
Wir sahen schlimmer aus.
Heute trage ich darum lieber eine Mütze und reiche bis zum Boden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Pilze für die Leiste
Sebastian23 zählt an: Dreiundzwanzig – die Video-Kolumne - Poetry 08/12
Rindfleisch ist die Dummheit der Seifenblase
Sebastian23 zählt an: Einundzwanzig – die Video-Kolumne – Poetry 06/12
14 Pfund Hack sind kein gutes Verlobungsgeschenk
Sebastian23 zählt an: Zwanzig - die Video-Kolumne - Poetry 05/12
Arme amputieren und Brüste anstarren
Sebastian23 zählt an: Neunzehn - die Video-Kolumne - Poetry 04/12
Alle Tiere im Zoo sind nackte Agnostiker
Sebastian23 zählt an: Achtzehn – die Video-Kolumne - Poetry 03/12
Gevatter Kot hat einen neuen Namen
Sebastian23 zählt an: Siebzehn – die Video-Kolumne - Poetry 02/12
Schwule Rehe, die obenrum feucht sind
Sebastian23 zählt an: Sechzehn – die Video-Kolumne – Poetry 01/12
Paarungsriten von Rentnerinnen und Aliens
Sebastian23 zählt an: Fünfzehn – die Video-Kolumne – Poetry 12/11
Hinter jedem Biber ein bisexueller Bär
Sebastian23 zählt an: Vierzehn – die Video-Kolumne –Poetry 11/11
Frauen, die im Stehen auf Delfine pinkeln
Sebastian23 zählt an: Dreizehn – die Video-Kolumne - Poetry 10/11
Eine Mischung aus Sommer und Herbst: Sombrst
Sebastian23 zählt an: Zwölf – die Video-Kolumne - Poetry 09/11
Shir Khan beißt Paul Panzer in den Schritt
Sebastian23 zählt an: Elf – die Video-Kolumne - Poetry 08/11
Kampf den weißen Blättern
Zwischen (Auto-)Biografie und Zeitgeschichte – ComicKultur 12/24
Doppelte Enthüllung
„Sputnik“ von Nikita Afanasjew – Literatur 12/24
Eine wahre Liebesgeschichte
Thomas Strässles „Fluchtnovelle“ – Textwelten 12/24
ABC-Architektur
„Buchstabenhausen“ von Jonas Tjäder und Maja Knochenhauer – Vorlesung 11/24
Übergänge leicht gemacht
„Tschüss und Kuss“ von Barbara Weber-Eisenmann – Vorlesung 11/24
Comics über Comics
Originelle neue Graphic Novels – ComicKultur 11/24
Auch Frauen können Helden sein
„Die Frauen jenseits des Flusses“ von Kristin Hannah – Literatur 11/24
Die zärtlichen Geister
„Wir Gespenster“ von Michael Kumpfmüller – Textwelten 11/24
Zurück zum Ursprung
„Indigene Menschen aus Nordamerika erzählen“ von Eldon Yellowhorn und Kathy Lowinger – Vorlesung 10/24
Nachricht aus der Zukunft
„Deadline für den Journalismus?“ von Frank Überall – Literatur 10/24
Eine Puppe auf Weltreise
„Post von Püppi – Eine Begegnung mit Franz Kafka“ von Bernadette Watts – Vorlesung 10/24
Krawall und Remmidemmi
Begehren und Aufbegehren im Comic – ComicKultur 10/24
Risse in der Lüneburger Heide
„Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann – Literatur 10/24