Lange Zeit schauten europäische Staaten zu, wie US-Internetkonzerne in der EU keine Steuern zahlen. Digitalriesen wie Google, Apple, Amazon oder Facebook scheffeln zwar in der EU Milliardengewinne, an den Fiskus überweisen sie jedoch kaum Steuerbeträge. Oft dienen den europäischen Tochterunternehmen Staaten wie Irland, Luxemburg oder die Niederlande als Steueroasen, die niedrige Sätze oder gar komplette Steuervermeidungen versprechen. Österreich, Frankreich und Großbritannien unternahmen zuletzt die ersten Schritte, um diese Konzerne zu besteuern.
Nun prescht auch Spanien vor. Madrid beschloss im Februar 2020, wenige Wochen vor der Corona-Pandemie in Europa, neue Abgaben. Online-Konzerne versteuern ihre Gewinne nicht in Spanien, sondern verschieben diese Zahlungen in Niedrigsteuerländer. Madrids Digitalsteuer sieht vor, dass diese Internetriesen künftig einen Ausgleich dafür zahlen – auch wenn dieser wegen des Drucks aus dem Weißen Haus weicher ausfiel, als angedacht.
Die amtierende Spanische Regierung aus sozialdemokratischen PSOE und dem linksalternativen Juniorpartner Podemos zählt diese Steuer zu den wichtigsten Beschlüssen ihrer Legislaturperiode. Vorbild sind die steuerrechtlichen Maßnahmen Frankreichs. Auch Paris milderte die Vorstöße, um den Handelsstreit mit den USA nicht eskalieren zu lassen. Mittlerweile sind die Androhungen des ehemaligen US-Präsidenten, auf eine Digitalbesteuerung von US-Online-Unternehmen mit Strafzöllen für europäische Produkte zu antworten, zwar Geschichte. Doch auch sein Nachfolger Biden drängte zuletzt auf eine Verschiebung einer einheitlichen EU-Digitalsteuer.
Die Geschäftsmodelle der digitalen Monopolisten wurden vom Steuerrecht der europäischen Staaten bisher nicht wirklich erfasst. Während sich der juristische Geltungsbereich auf nationale Rahmen beschränkt, fließen die Kapital- und Steuerströme global. Insbesondere ein Unternehmen wie Facebook verdeutlicht dieses Problem. Betreiber sozialer Netzwerke verwerten die von den Nutzern übermittelten Daten, um Profite zu erzielen. So auch Facebook: Marc Zuckerbergs Konzern betreibt keine Filialen und verkauft keine Waren, an die der Staat seine Besteuerung nach den herkömmlichen Modellen knüpfen könnte.
Doch Madrid nimmt Facebook nicht nur mit einer Digitalsteuer in die gesellschaftliche Verantwortung. Bereits vor drei Jahren verhängte die Vorgänger-Regierung eine Strafe gegen den Datenriesen. 1,2 Millionen Euro sollte der Konzern an die hiesige Datenschutzbehörde bezahlen. Der Vorwurf: Facebook sammelte ohne die Zustimmung seiner Nutzer:innen persönliche Daten. Deutschland, Frankreich oder Belgien ermittelten in ähnlichen Fällen gegen Facebook.
Mit den Strafzahlungen und Digitalbesteuerungen spült Madrid Geld in die Staatskasse, das demokratisch in gesellschaftliche Anliegen investiert werden könnte. Erst im Sommer wich die Mitte-Links Regierung mit einem „Grundeinkommen light“ vom neoliberalen Kurs ab, der staatlichen Sozialmaßnahmen ablehnend gegenübersteht. Madrids Kurs könnte ein Umdenken in der EU voranbringen. Denn in den Mitgliedsstaaten haben die Corona-Maßnahmen eine Umverteilung von unten nach oben befördert.
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