Es gibt 162 Beiträge von juggernaut
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09.12.2004
Ist das schon der Anfang vom Abgesang auf die Coen Bros.? Offiziell haben sie ?Bad Santa? nur produziert, aber es war zu lesen, dass sie an der letzten Version des Drehbuchs maßgeblich mitgefrickelt haben. Wie dem auch sei, die Aufregung, die dieser Film mancherorts hervorgerufen hat, ist kaum zu begreifen. Da haben wir also einen während seiner Arbeitszeit mal kotzenden, mal kopulierenden, mal kollabierenden Weihnachtsmann, der außerdem auch noch klaut, flucht, raucht und säuft. Und nebenbei auch noch einem dicklichen Jungen zu mehr Selbstbewusstsein verhilft. Das ist alles ganz schön dick aufgetragen, und Billy Bob Thornton hat natürlich die passende Visage dafür, eine solch heruntergekommene Type zu spielen. Aber der Witz hält sich dabei ziemlich in Grenzen, und als schockierend können diesen Film wohl höchstens kleine Kinder oder Hardcore-Spießbürger empfinden. Wenn Regisseur Terry Zwigoff eine Geschichte von Außenseitern erzählen wollte, die wachsen und neuen Lebensmut finden, dann hätte er es einfach tun und ihr nicht das Gewand einer schrägen, schwarzen Komödie überstülpen sollen. Und wenn er eine schräge, schwarze Komödie drehen wollte, dann hätte er noch sehr viel weiter gehen müssen. Ein Festival des guten schlechten Geschmacks sieht jedenfalls anders aus. ?Bad Santa? ist eine laue Brise, aber kein donnernder Furz. John Waters, übernehmen Sie!
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01.12.2004
Die Bekehrung eines kleinen Zweiflers zum Glauben an den Weihnachtsmann und noch so manches mehr. So richtig den Moralischen kriegt der Film aber erst ganz zum Schluss, und dann auch weniger penetrant als in vergleichbaren Streifen mit immanentem Erziehungsauftrag. Die Leitlinien Glaube (ohne den geht's scheinbar nicht in Hollywood-Filmen), Zuversicht, Zutrauen und Zuneigung knipst die Tom-Hanks-Animationsfigur als Schaffner (besser gesagt: Conductor) den kleinen Held/inn/en in ihre Rückfahrtscheine nach Hause, nachdem sie ihre Nordpol-Weihnachtsparty glücklich hinter sich gebracht haben.
Nicht zu schwer das Ganze, und auch für kleine Zuschauer offensichtlich verdaulich. Die nach Vertilgung ihrer Chipsvorräte erstaunlich diszipliniert zuschauenden Knirpse in der Reihe vor mir müssen den Film jedenfalls bis zum Schluss interessiert verfolgt haben, wie die erste Frage von einem Dreikäsehoch an seine Kollegin neben ihm unmittelbar nach dem Schlussbild nahe legt: ?Und du, glaubst du an den Weihnachtsmann??
Die optische Anmutung des ?Polarexpress? mit seinen so real wirkenden Figuren ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber kein wirkliches Problem (problematisch ist höchstens in aller gebotenen Kürze zu erklären, wie die Technik des ?motion capture? genau funktioniert. Ich kann?s offen gestanden nicht). Die Achterbahn-?Fahrten? mit dem Zug sind teilweise atemberaubend, ebenso bspw. die Flugeinlagen der Wichtel am Schluss. Sehr spannend in Szene gesetzt ist auch zu Beginn der irrwitzig verschlungene Weg, den die im Fahrtwind weg gewirbelte Fahrkarte via Vogelnest, Schneeball und Wolfsrudel zurück ins Zugabteil einschlägt. Ach ja, zwei, drei Songs gilt es zu überstehen, mehr an Minuspunkten fällt mir nicht ein. Schöner Film, wenn auch etwas schräger und düsterer als bei Weihnachtsgeschichten üblich.
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30.11.2004
Das Leben des Comicautors Harvey Pekar ist eine äußerst vergnügliche Angelegenheit ? zumindest für die Zuschauer dieses Films, für ihn selbst meistens eher weniger. Paul Giamatti, der Pekar in den Spielszenen darstellt, ist mit einem Knautschgesicht gesegnet, das von schiefen Grimassen über treuherzigen, verlorenen Hundeblick und Life-is-ugly-why-not-kill-yourself-Mimik alle Nuancen zur Verfügung hat. Die Szenen und Dialoge mit Hope Davis (als Pekars Ehefrau Joyce) könnten auch aus einem guten Woody-Allen-Film stammen, an anderen Stellen wirkt Giamattis Pekar wie eine Realfilmversion von Donald Duck. Aber der kleine Krankenhaus-Sachbearbeiter ist eben kein Pechvogel, er hat aus seinem durchschnittlichen täglichen Trott das Beste gemacht, indem er seine Alltagserlebnisse aufschrieb und von anderen, u.a. Robert Crumb, zeichnen ließ. So auch die Zeit, in der er gegen den Krebs kämpfte und ihn besiegte: ?Our Cancer Year?. Chemotherapie im Comic, das gibt?s auch nicht alle Tage.
Abgesehen von diesem eher ernsthaften Schlenker, den aber nun einmal das reale Leben Pekars dem Drehbuch vorgab, dominieren die komischen Seiten. Die Machart des Films mit seinen ständigen Doppelungen auf mehreren Ebenen, mit ganzen gezeichneten Passagen am Stück oder ins Realbild eingeschobenen Comicfiguren, Interviews mit dem echten Harvey Pekar und seiner Ehefrau sowie seinen echten Kollegen aus der Krankenhaus-Registratur, oder auch die Ausschnitte aus den Letterman-Shows, in denen er eine Zeit lang Dauergast war, sorgt für einen sehr kurzweiligen und abwechslungsreichen Film über einen eigentlich recht ?normalen?, notorisch trübsinnigen Zeitgenossen. Der im Übrigen eine ausgeprägte Vorliebe für Jazzmusik hat, weshalb auch hauptsächlich entsprechende Klänge den Film unterlegen. Nicht mal das hat mich, der ich mit Jazz nicht viel anfangen kann, gestört. ?American Splendor? ist rundum gelungen.
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30.11.2004
Stockholm, November 1975, das Haus der Wohngemeinschaft ?Zusammen!?. Ein vollbärtiger Hippie namens Göran liegt auf einem Bett und liest mit angestrengtem Blick in einem Buch. Da meldet das Radio, dass der spanische Diktator Francisco Franco gestorben ist. Göran springt mit einem Satz (und verzücktem Gesichtsausdruck) auf und fällt erst mal mit Karacho neben das Bett. Nachdem er sich wieder aufgerappelt hat, rennt er durchs Haus und brüllt dabei: ?Franco ist tot! Sie haben es gerade im Radio gesagt!?. Kurze Zeit später ist die ganze Kommune auf den Beinen, alle feiern, lachen, fallen sich in die Arme und rufen im Chor: ?Franco ist tot! Franco ist tot!?, auch ein paar kleine Kinder hüpfen und krähen durch die Gegend: ?Franco ist too-oot, Franco ist too-oot!?
Ich kann mich an kaum einen Film der letzten Jahre erinnern, der einen mit einer ähnlich fulminanten Eröffnung derart unwiderstehlich in seine Geschichte hineingezogen hätte. Mich hat?s damals im Kino jedenfalls weggeschmissen, als ich ?Zusammen!? das erste Mal gesehen habe. Allerdings folgt auf die überdrehte Ausgelassenheit auch sogleich ein denkbar scharfer Schnitt und Kontrast: Görans Schwester Elisabeth verlässt ihren Mann, nachdem der sie geschlagen hat, und zieht mit ihren beiden Kindern zu ihrem Bruder in die Kommune. In diesem Wechselstil geht?s auch weiter, wobei die komischen Elemente beim Aufeinandertreffen von Kleinbürgern und Kommunarden überwiegen und die vielfältigen zwischenmenschlichen Konflikte auf ein unter dem Strich gutes Ende hingesteuert werden, bis zum abschließenden gemeinsamen Fußballspiel im Schnee. Den Optimismus möcht? man mal haben.
Der zweite Durchlauf im TV hat nun jedenfalls die Qualitäten des Films nachdrücklich bestätigt. Eine satirische, aber nicht vernichtende Abrechnung mit den Irrungen und Wirrungen der ?progressiven? 70er. Habitus, Klamotten, Umgangsformen, Sprechweise und der Geist jener Zeit sind m.E. sehr gut getroffen. Einer meiner älteren Brüder gehört zu dieser ersten Nach-68er-Generation, und ich kann mich noch ganz gut an die Leute erinnern, die damals, natürlich unter den misstrauischen Blicken unserer Eltern, gelegentlich bei ihm zu Besuch waren. Vermutlich, um zusammen! den Marsch durch irgendwelche Institutionen zu planen, wahrscheinlich aber doch eher den nächsten Zug durch die Gemeinde. Wenn sie einen so mit ihren strengen, bei den Brillenträger/inne/n noch durch Brecht/Lennon-Gestelle verschärften Blicken musterten, dann schienen sie einem immer sagen zu wollen: ?Frag nicht nach Süßigkeiten oder mehr Taschengeld, frag lieber, wie du den sozialen Fortschritt mehren kannst!? Tja, man kann eben im Überschwang und Vollgefühl des ?richtigen Bewusstseins? auch alles übertreiben. Was ? Häme beiseite ? die meisten Angehörigen dieser Generation ja inzwischen ähnlich sehen.
Aber so ein schiedlich-friedliches, ausgelassenes Gekicke zwischen ?linken? Wohngemeinschaftlern und ?bürgerlichen? Besuchern/Nachbarn, mit dem dieser Film ausklingt, hätten sie damals anno 1975 in der Bundesrepublik wohl kaum hinbekommen (oder die Kommunarden wären nur unter Protest angetreten). Stattdessen hätte es erst mal stundenlange Diskussionen darüber gegeben, ob nicht die Einteilung des Spielfelds in zwei Hälften diskriminierend sei, die Abseitsregel zur Ausgrenzung führe und überhaupt die Institution des Schiedsrichters ein reaktionäres Relikt obrigkeitsstaatlichen Denkens sei...ich schweife ab, was ich eigentlich nur noch sagen wollte, ist das: ?Zusammen!? ist einer der besten und lustigsten europäischen Filme der letzten Jahre. Da haben die Filmfördergelder mal die Richtigen erreicht.
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24.11.2004
Da kann ich Colonia nur beipflichten: Ein irres, wüstes Spektakel, das man keine Sekunde Ernst nehmen sollte. Akzeptieren muss man nur einen Look, der wie aus einem Computerspiel entlehnt scheint, und die Prämisse, dass in einem fiktiven 1939 Leute mit den historischen Frisuren und Klamotten jener Zeit durch die Gegend laufen und gleichzeitig über High-Tech-Gerätschaften verfügen, mit denen sie diversen Arten von ebenfalls hochgerüsteten Monstern, Robotern etc. gegenübertreten. Dann kann man an dem Film seinen Spaß haben. Dass die Schauspieler eigentlich alle aus dem Rechner hätten stammen können, nicht nur der ?reanimierte? Sir Laurence Olivier ? geschenkt.
OK, wenn ich nicht gerade zufällig ?Die 13 ½ Leben des Käpt?n Blaubär? lesen würde, wäre ich für solch einen blühenden Unsinn vielleicht nicht ganz so empfänglich gewesen. Aber so...für einen ganz normalen Dienstag after work und vor ?Big Boss? sind die Abenteuer des bleichen Flugkapitäns und seiner Drei-Wetter-Taffen Gefährtin jedenfalls ein amüsanter Zeitvertreib.
P.S. Wer vorhat, in eine Vorabendvorstellung zu gehen, sollte an der Kasse vorher fragen, ob vielleicht schon eine komplette Schulklasse samt offensichtlich machtlosem Lehrpersonal für ?Sky Captain? eingecheckt hat. Wenn ja ? auf die Abendvorstellung ausweichen!
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22.11.2004
Da ich es in meinem Beitrag nicht sauber getrennt habe, hier nochmal zur Klarstellung: Für Smoking/No-Smoking haben Jabac "nur" das Drehbuch geschrieben, gespielt haben, wie Dr.Tom richtig bemerkt hat, Pierre Arditi und Sabine Azéma. Ok, also 1/2 Korrektur.
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Nachtrag: So, jetzt muss ich mich doch noch richtig korrigieren: "Comme une image" ist bereits die sechste Drehbuch-Zusammenarbeit von Bacri und Jaoui (vgl. Homepage von JP Bacri: http://www.jpbacri.fr.st). Zwei Filme, für die sie gemeinsam das Buch geschrieben haben, sind offensichtlich bei uns erst gar nicht in die Kinos gekommen: "Cuisine et dépendances" (1993) und "Un air de famille" (1996).
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22.11.2004
Die schauspielernde und Drehbücher schreibende Arbeits- und Lebensgemeinschaft Agnès Jaoui/Jean-Pierre Bacri hat mit ?Schau mich an!? ihr viertes Gemeinschaftswerk vorgelegt, den zweiten von Jaoui auch selbst inszenierten Film. Nachdem sie zuletzt mit ?Lust auf Anderes? die nach ?Smoking/No-Smoking? und insbesondere ?Das Leben ist ein Chanson? (Regie jeweils Alain Resnais) allerdings auch hochgesteckten Erwartungen nicht ganz erfüllen konnten, ist ihnen mit ihrem neuesten Film eine ohne Einschränkungen sehenswerte Gesellschaftskomödie gelungen. Keine lauten Brüller, aber sehr wohl eine Reihe saftiger, wohl gesetzter Pointen, und ein durchgängiges Schmunzeln über die gute Beobachtungsgabe der beiden Autoren und Darsteller.
Jean-Pierre Bacri sieht aus wie Huub Stevens mit Stirnglatze und gibt noch um einiges überzeugender als dieser den bärbeißigen Raubauz, der sein Herz zwar möglicherweise schon am rechten Fleck hat, den Fundort desselben allerdings bestens zu verbergen versteht. Vor allem vor seiner mit Gewichtsproblemen kämpfenden Tochter, mit der er den zentralen Konflikt in diesem durchweg vorzüglich gespielten und keine Sekunde langweiligen Ensemblestück austrägt. Viel zu früh kommt dann die Abblende: Auch dies ist ein Film, dessen Figuren man gerne noch eine Weile länger bei ihren beruflichen und amourösen Verstrickungen zugesehen hätte.
In jedem Fall geben Jaoui und Bacri Anlass zur Hoffnung auf mehr. Sie haben die seit Truffauts Tod ziemlich brachliegende Gesellschaftskomödie nicht neu erfunden, ihr aber eine dringend benötigte Blutzufuhr verschafft. Hüten müssen sie sich allerdings vor der Gefahr, ihr bereits mehrfach erfolgreich angewandtes Format der in (groß-)bürgerlichen Kreisen bzw. im Künstlermilieu spielenden Ensemblekomödie nun nur noch zu wiederholen und zu variieren. Sonst ergeht es ihnen womöglich noch wie dem von Bacri im Film dargestellten Schriftsteller, der sich darüber beklagt, dass er in sechs Monaten nur zwei gute Sätze zu Papier gebracht habe ? die auch noch, wie sich auf den zweiten Blick herausstellt, dummerweise aus früheren Büchern von ihm stammen.
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18.11.2004
Sieh an, ein Film mit zwei Stars, die die fünfzig gerade erreicht (Basinger) bzw. schon ein paar Jährchen hinter sich gelassen haben (Bridges). Ohne jetzt genau beurteilen zu können, inwieweit Make-up-Artists und andere Verschönerer eventuell nachgeholfen haben: Die beiden machen noch einen verdammt frischen Eindruck, und das nicht nur äußerlich. Jeff Bridges hat zwar inzwischen ein paar unübersehbare Falten und Furchen im Gesicht, aber das lausbübische schiefe Grinsen, das er schon vor über dreißig Jahren in der ?Last Picture Show? auflegte und fast so eine Art Markenzeichen von ihm geworden ist, steht ihm immer noch gut ? ebenso wie der Flunsch, den er, wohl als Tribut an das nicht immer lustige vorgerückte Alter, mittlerweile immer öfter mal dazwischen zieht. Und Kim Basinger sieht nicht nur sehr apart aus, sie legt auch viel Überzeugungskraft in die Rolle der Mutter, die weder über den Verlust ihrer beiden Söhne hinwegkommt noch sich in der Lage sieht, ihrem kleinen, verstörten Töchterchen eine gute Mutter zu sein.
Es ist ein Schauspielerfilm, dessen hervorragende Hauptdarsteller vorzüglich ergänzt werden von Jon Foster, der den pubertierenden und Erfahrungen diverser Art sammelnden Jüngling sehr lebensnah gibt. Tragische und komische Elemente halten sich die Waage, und wie das wohl bei John Irving so üblich ist, dürfen dabei auch ein paar humorige Einlagen der derberen, burlesken Sorte nicht fehlen. Wenn sich dann am Ende ?The Door in the Floor? schließt, möchte man schon gerne wissen, wie?s weitergeht. Schließlich ist ja hier nur das erste Drittel des Romans ?A Widow for a Year? verfilmt worden. Ohne diese Vorlage zu kennen: Eine filmische Fortsetzung wäre wünschenswert, am liebsten wieder mit Basinger und Bridges. Denn der ist, das darf man nach den vielen Filmen, in denen man ihn sehr unterschiedliche Charaktere darstellen sehen konnte, auch einmal sagen, ein wirklich toller Schauspieler ? mit und ohne Grinsen.
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11.11.2004
Zum Beispiel bei ?Alles über meine Mutter?. Der war selbst in seinen unwahrscheinlichsten Momenten noch in sich stimmig und zwang zur emotionalen Anteilnahme. ?La mala educación? dagegen bezieht seine Spannung hauptsächlich aus der verschachtelten und verrätselten Erzählstruktur. Spätestens wenn klar geworden ist, dass es sich bei einem der Handlungsstränge um Film im Film handelt, ist aus beiden die Luft raus. Die Schlusswendung danach ist konventionelles Melodram, und Schrifttafeln vor dem Abspann, die über den weiteren Werdegang von fiktiven Figuren unterrichten, sind in Nicht-Komödien schon mal prinzipiell verdächtig. Oder wollte Almodovar mit dem ?Regisseur, der bis heute mit derselben Leidenschaft Filme macht?, einen autobiografischen Bezug herstellen? Schön wär?s ja, wenn man das mal wieder über einen Film von ihm sagen könnte. Bei ?La mala educación? kann man sich höchstens an filmischen Sekundärtugenden wie Ausstattung, Sets (immer alles schön bunt bei Almodovar), einem witzigen Vorspann, der Musik sowie den schauspielerischen Leistungen erfreuen. Aber das ist ungefähr das Gleiche wie eine Fußballmannschaft dafür zu loben, dass alle fein ihre Positionen gehalten und taktisch diszipliniert gespielt haben, nachdem sie in 90 Minuten keinen einzigen schönen Spielzug geschweige denn eine Torchance zustande gebracht haben.
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11.11.2004
Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn man schon während der Vorstellung anfängt, sich Gedanken über einen Film zu machen und Figuren und Handlungsabläufe hinterfragt. So auch hier, denn die Spielbergsche Emotionsmaschinerie kommt dieses Mal leider kaum auf Touren. Dabei ist die Grundidee von ?Terminal? durchaus vielversprechend: Ein wegen eines Kriegs in seiner Heimat plötzlich staatenlos gewordener Osteuropäer (Hanks) ist gezwungen, sich auf dem New Yorker Flughafen häuslich einzurichten und irgendwie seinen Lebensunterhalt zu verdienen, weil er weder zurück nach Haus noch rein in die Staaten darf. Der für Spannung und Konflikte zuständige Gegenspieler ist der Flughafen-Sicherheitschef (Tucci), die fürs Herz nötige Flamme eine Stewardess (Zeta-Jones).
Daraus hätte durchaus was werden können, aber ach: Seltsam verhalten und teilweise regelrecht uninspiriert heruntergekurbelt wirken viele Passagen, insbesondere den Massenszenen sieht man das Inszenierte, ?Künstliche? deutlich an. Visuelle Überraschungen ebenfalls Fehlanzeige, allerdings hätten die auch kaum die seltsam zusammengeschustert, wie Stückwerk anmutende Geschichte übertünchen und veredeln können. Man könnte meinen, Spielberg habe nach dem Zusammenschneiden überrascht festgestellt ?Huch, da haben wir ja schon über zweieinhalb Stunden Film, lass? uns mal besser wieder ?ne halbe Stunde rausschneiden.? Hätte er doch nur ein paar mehr von den überzuckerten Szenen in der zweiten Stunde rausgeschmissen und insgesamt straffer inszeniert.
Schon erstaunlich, wenn man bedenkt, wer da alles im Abspann auftaucht: All die Leute, deren Namen man in mühsamer cineastischer Kleinarbeit halbwegs gelernt hat sich zu merken und den richtigen Berufsbezeichnungen zuzuordnen, wie Janusz Kaminski (Kamera), Alex McDowell (Produktionsdesign) oder John Williams (Musik). Bei den Drehbuch/Story-Credits taucht auch noch ein gestandener Regisseur wie Andrew Niccol (?Gattaca?) auf. An der von Brenda Zane gecasteten Besetzung kann es auch nicht liegen, dass dieser Film kaum berührt und nur leidlich funktioniert. Die ?Schuld? liegt m.E. eindeutig bei Drehbuch und Regie. Wie am Script-Reißbrett gezimmert ? und damit aufgesetzt ? wirkt zum Beispiel das Napoleon/Josephine-Motiv, das der (Nicht-)Beziehung von Hanks und Zeta-Jones wohl noch eine figurative zweite Ebene verleihen soll. Und gegen Schluss fischt das Drehbuch auch noch ein schon arg strapaziertes Versatzstück aus der Rührseligkeiten-Kiste heraus, die Wenn-du-nicht-tust-was-ich-sage-geht?s-deinen-Freunden-schlecht-Nummer.
Nein, gemessen an seinen Möglichkeiten ist das, was Spielberg hier zusammengerührt hat, schon eine Enttäuschung. Bei einem guten Spielberg-Film, und davon gibt es eine ganze Menge, hat das Hirn des Betrachters weder während des Films noch danach allzu viel zu melden ? außer einmal mehr bewundernd festzustellen, wie gut der Meister das Spiel mit unseren Gefühlen beherrscht und wie handwerklich und schauspielerisch perfekt seine Crew das Ganze umgesetzt hat. Für ?Terminal? würde ich allenfalls mit Einschränkungen das Lob an die Belegschaft gelten lassen.
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