Im gräflichen Garten brennt der Baum. – Zumindest brennt da Licht im Baum, denn so ganz im Dunkeln möchte die Regie das Publikum nun auch nicht lassen. Wo gesungen wird, da wird es hell hinter den dichten Zweigen und zumindest die Silhouette des jeweiligen Solisten erkennbar. Nach jeder Arie, wenn das Publikum verlässlich in Beifall ausbricht, schüttelt es auch die übrigen Sträucher vor Begeisterung.
Der Gag ist ohne Zweifel kalkuliert, aber es passt durchaus gut ins Gesamtbild, dass sich hier die Solisten gegenseitig applaudieren. Gelsenkirchens Neuinszenierung der Mozartschen „Nozze di Figaro“ ist eine reife Ensembleleistung und lebt vom gemeinsamen Spaß der Beteiligten wie von einem erfreulich hohen musikalischen Niveau. Beides lässt den Zuschauer am Ende darüber hinwegkommen, dass die Regie den geringsten Anteil am Gelingen dieser Produktion hat.
Peter Hailer, der eigentlich vom Schauspiel kommt und in Gelsenkirchen nach zwei Musicals und einer Operette nun erstmals eine Oper inszeniert hat, kann nur an einigen Stellen überzeugen. Die Gartenszene am Ende gehört dazu, auch das doppelte Versteckspiel des Grafen und seines Pagen im ersten Akt ist wirklich komisch. Gemessen an drei Stunden reiner Aufführungsdauer sind dies allerdings nur kleine Lichtblicke. Und könnte sich Hailer nicht so sehr auf die starke Präsenz und Spielfreude seines Ensembles verlassen, würde er das Publikum verlässlich in tiefe Langeweile stürzen.
Da sind vor allem drei verlässliche Stützen des komischen Bühnengeschehens. Alfia Kamalova und Piotr Prochera als Susanna und Figaro sowie Anke Sieloff als Cherubino glänzen durch Witz und Quirligkeit. Dazu passt auch ihre gesanglich herausragende Leistung und Leichtigkeit. Allein wegen Kamalova und Prochera lohnt schon der Opernbesuch. Anke Sieloff ließ sich zur Premiere wegen Stimmproblemen entschuldigen, sang aber dennoch eine schöne Partie. Michael Dahmen singt einen kernigen Grafen, ist von der Regie allerdings zu recht steifen Auftritten verurteilt. Petra Schmidt als Gräfin ist mit ihrem eleganten lyrischen Sopran ebenso passgenau besetzt. Bei der Premiere fiel sie allerdings durch einige Texthänger auf, die Valtteri Rauhalammi am Dirigentenpult und am Hammerklavier verlässlich glattbügelte.
Der finnische erste Kapellmeister versprüht spürbar Motivation und Energie im Orchestergraben. Die Neue Philharmonie Westfalen spielt so präzise, klangschön und gelöst auf, dass es die reine Freude ist. Freude für die Augen verbreiten unterdessen die farbenfrohen Kostüme von Uta Meenen, die im krassen Kontrast zur minimalistischen Bühne von Etienne Pluss stehen. Letztere wird von großen, holzgetäfelten Stellwänden im Palisanderfurnier-Look bestimmt, die erst gegen Ende durch einen weißen Vorhang ein wenig Auflockerung erfahren. Was auch immer uns die Regie damit sagen möchte, diese Kulisse ist vor allem trist und eintönig.
„Le Nozze de Figaro“ I 8.3. 19.30 Uhr I Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen I 0209 409 72 00
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