Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.581 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Rasmus Baumann
Foto (Ausschnitt): Werner Häußner

Täuschung und Wirklichkeit

12. Februar 2024

Ein märchenhafter Opern-Doppelabend in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/24

Peter Tschaikowsky war begeistert. Jelena Leschkovskaja berührte ihn als blinde Prinzessin Iolanta über alle Maßen. Sofort beschloss er, aus dem Drama des Dänen Henrik Herz eine Oper zu machen. Sein Bruder Modest schrieb ihm das Libretto; ein knappes Jahr vor Tschaikowskys ungeklärtem Tod, am 18. Dezember 1892, ging das Werk im Mariinski-Theater in Sankt Petersburg über die Bühne.

Das Musiktheater im Revier spannt den Einakter nun mit Igor Strawinskys „Le Rossignol“ („Die Nachtigall“) zu einem Doppelabend zusammen. Das in China angesiedelte Märchen Hans Christian Andersens eignet sich – wie Tschaikowskys lyrische Oper – nicht nur als Erzählstoff für eine bezaubernde Geschichte: Beide Werke sind symbolisch aufgeladen, in beiden geht es um Sinneseindrücke als Metaphern für die Weiterentwicklung einer Persönlichkeit. Das Sehen ist bei Tschaikowsky der Schlüssel: Die blinde Prinzessin Iolanta braucht die Gabe des Sehens, um ihre Welt vollständig zu erfassen und vor allem, um die Liebe zu erkennen. Das Hören dagegen spielt bei Strawinsky eine entscheidende Rolle: Der Kaiser von China missachtet, vom Gesang einer mechanischen Nachtigall bezaubert, das Lied der lebendigen Nachtigall. Der verbannte Vogel kehrt erst zum sterbenden Kaiser aus der Natur zurück und bezwingt durch ihr Singen den Tod.

Obwohl symbolistisch umkleidet und damit mehrdeutig gefasst, sind die Gegensätze von Dunkelheit und Licht, ursprünglicher Natürlichkeit und technischer Imitation, begrenzter Erkenntnis und geweiteter Einsicht greifbar. Für die beiden Regisseurinnen des Doppelabends Tanyel Sahika Bakir („Iolanta“) und Kristina Franz („Le Rossignol“) stellen sich die Fragen nach Schein und Sein, Täuschung und Wirklichkeit, Imagination und Realität. Die Oper Strawinskys wurde vom russischen Regisseur Boris Romanow 1914 in Paris inszeniert. Sie trägt in sich schon die Elemente von Tanz und Pantomime, die Strawinsky später in einem Ballett entfaltete, das 1920 in London erschien und in der Pariser Produktion von George Balanchine berühmt wurde. In Gelsenkirchen wird das hauseigene Puppentheater die Totengeister des dritten Akts Gestalt werden lassen. Generalmusikdirektor Rasmus Baumann steht bei beiden Opern am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen.

Iolanta / Le Rossignol | 24.2. (P), 3., 7., 9., 17., 29.3., 13., 21.4. | Musiktheater im Revier Gelsenkirchen | 0209 409 72 00

Werner Häußner

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Besiegt Vernunft die Leidenschaft?
„Orlando“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/24

Unerwartet Kaiserin
„Der Kreidekreis“ in Düsseldorf – Oper in NRW 11/24

Oper trifft heute mal Jazz
Songs & Arien auf der Insel

Schäferwagen und Hexenhaus
„Hänsel und Gretel“ am Opernhaus Wuppertal – Auftritt 11/24

Ohne Firlefanz
Premiere von „Salome“ im Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 10/24

Horror und Burleske
Die Spielzeit 24/25 am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 07/24

Opern-Vielfalt am Rhein
„Nabucco“ eröffnet in Düsseldorf die Spielzeit 2024/25 – Oper in NRW 06/24

„Kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit“
Kapellmeister Hermes Helfricht über Werner Egks „Columbus“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 06/24

Welt ohne Liebe
„Lady Macbeth von Mzensk“ am Theater Hagen – Oper in NRW 05/24

Ethel Smyth und Arnold Schönberg verzahnt
„Erwartung / Der Wald“ im Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 05/24

Die Gefahren der Liebe
„Die Krönung der Poppea“ an der Oper Köln – Oper in NRW 05/24

Die Seele geraubt
„Hello Dolly“ am Gelsenkirchener MiR – Musical in NRW 04/24

Oper.

Hier erscheint die Aufforderung!