Das niederländische Verhältnis zum Wasser war schon immer ein besonderes: Während es in vergangenen Jahrhunderten meist um Landgewinnung ging, beschäftigt man sich heutzutage vor allem damit, das einst gewonnene Land nicht wieder zu verlieren, denn mehr als die Hälfte der Landfläche der Niederlande liegen unterhalb des Meeresspiegels: Man ist also besonders stark vom Klimawandel bedroht. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Anders als etwa zahlreiche Klein-Staaten im Pazifik, die insbesondere auch wirtschaftlich deutlich schlechter gestellt sind, kann man sich hier allerdings durch Deichsysteme und technische Lösungen wie Wehre und Pumpen besser vor dem Anstieg des Meeresspiegels wappnen. Der Hochwasserschutz an den Küsten gilt als exzellent. Doch durch den Klimawandel steigt nicht nur das Meer, sondern auch die Gefahren durch Flüsse, die über ihre Ufer treten, erhöhen sich. Und schon in den Jahren 1993 und 1995 war es etwa zu schweren Überflutungen im Rheindelta gekommen. Darum entschied man sich bei der niederländischen Behörde für Infrastruktur, Umwelt und Wassermanagement (Rijkswaterstaat) für ein umfassendes Paket an Maßnahmen mit dem Ziel, erneute Überflutungen verhindern zu können.
Das Programm aus den 2010er-Jahren, das mehr als zwei Milliarden Euro gekostet hat und den Namen „Ruimte voor de Rivier“ („Raum für den Fluss“) trägt, bestand aus mehr als 30 Maßnahmen an den Flüssen Ijssel, Lek, Maas und Waal. Es wurden Flussbetten vertieft, Deiche verstärkt, Deiche weiter vom Fluss weg verlegt, Flussauen verbreitert und abgesenkt um den Flüssen mehr Raum zur kontrollierten Überflutung zu bieten und sich vor unkontrollierter zu schützen.
Im Rahmen des Programms wurde zwischen 2013 und 2015 auch bei Nijmegen, an einer engen Stelle der Waal (dem Hauptfluss des Rheindeltas, in dem der größte Teil des Rheinwassers fließt) das Teilprojekt „Raum für die Waal“ realisiert. Hier wurde im Stadtteil Lent zuerst ein Deich 350 Meter weiter landeinwärts verlegt. In einem zweiten Schritt wurde dann ein etwa 4 Kilometer langer Seitenkanal namens „Spiegelwaal“ errichtet. Da hier keine Schiffe fahren, ist der Kanal beliebt bei Wassersportlern. Gleichzeitig entstand so in der Flussbiegung eine Insel („Veur-Lent“), die schließlich in einem letzten Schritt durch Brücken mit den beiden Ufern verbunden wurde.
Obwohl einige Menschen umgesiedelt werden mussten, stieß das Projekt in der Bevölkerung auf große Akzeptanz. So wurde, allen lagebedingten Herausforderungen zum Trotz, ein Sicherheitsniveau erreicht, das man sich hierzulande nur wünschen kann. Das liegt wohl auch daran, dass das Thema Hochwasser in den Niederlanden – im Gegensatz zu Deutschland – im Bewusstsein der Menschen nicht nur präsent ist, wenn es schon zu spät ist.
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