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Miriam Clark als Norma und Mikhail Vekua als Pollione
Foto: Bettina Stöß/Stage Picture

So gut wie konzertant

26. Januar 2012

Vincenzo Bellinis Norma in Dortmund – Oper in NRW 02/12

Über allen schwebt die ewige Callas. Noch heute gilt sie manchem Opernfreund in der Rolle der Norma als unerreicht. Dabei ist die Reihe großer Sopranistinnen in ihrer Nachfolge durchaus ebenso beeindruckend: Renata Scotto, Joan Sutherland und Montserrat Caballé haben die „Norma“ gesungen. Cecilia Bartoli sogar erst 2010 im Dortmunder Konzerthaus. Es ist also nicht verwunderlich, dass Vincenzo Bellinis „lyrische Tragödie“ von kleineren Opernhäusern eher gemieden wird. Die Aufführung bedarf eben einer echten Primadonna mit herausragenden Qualitäten, die den Vergleich mit hohen Maßstäben nicht scheut. Dortmunds neuer Intendant Jens-Daniel Herzog hat sie nun gewagt mit einer Primadonna, die erst seit drei Jahren als Profi auf der Bühne steht: der 31jährigen Miriam Clark. Die hat sich vor schwierigen Partien noch nie gescheut. Ihr Debüt in Frankfurt gab sie als „Königin der Nacht“. Und auch in Dortmund tritt sie scheinbar unbeschwert von erdrückenden Vorbildern auf.

Clark hat tatsächlich das stimmliche Potenzial für eine „Norma“: Kraft und Geschmeidigkeit in den Höhen, ein ungemein feines, kontrolliertes Vibrato und große Strahlkraft. Herzog hat mit Clark als Norma einen guten Griff getan – aber auch mit der Mezzosopranistin Katharina Peetz als Normas Nebenbuhlerin Adalgisa. Zusammen singen sie glänzende, anrührende Duette. Abstriche bei dieser Produktion gehen vor allem auf das Konto des leitenden Personals. Da ist zum einen der erste Kapellmeister Lancelot Fuhry. Der legt bei den dramatischen Steigerungen fast durchweg eine Schippe zu viel auf und treibt dabei nicht nur das Orchester, sondern auch Chor und Solisten in eine überzogene Lautstärke, die weder Klang noch Ausdruck gut hinbekommen. Besonders heftig überzieht Tenor Mikhail Vekua als Pollione an einigen Stellen. Das Lyrische dieser Belcanto-Oper bleibt so manches Mal auf der Strecke.

Die Regie lässt sich unterdessen nur als Totalausfall bezeichnen. Herzog ließ den Chemnitzer Schauspieldirektor Enrico Lübbe erstmals eine Oper inszenieren – was gründlich in die Hose ging. Lübbe sei zugutegehalten, dass Bellinis „Norma“ eine undankbare Aufgabe für die Regie darstellt. Nicht zufällig kommt das Stück oft nur konzertant zur Aufführung. Dennoch hätte man von einem Schauspielregisseur mehr erwarten können, als Chor und Solisten in die Kulissen zu stellen, um sie dort ihre Partien absingen zu lassen. Denn viel mehr passiert nicht. Und auch die Ausstattung von Henrik Ahr (Bühne) und Bianca Deigner (Kostüme) ist wenig aussagekräftig. Ein Bezug zu unserer Zeit soll offensichtlich hergestellt werden. Bloß zu welchem Zweck, bleibt bis zum Schluss unklar.

Wen Wei Zhang tritt als Druidenpriester Oroveso in Schlips und Kragen auf, beim Chor, den gallischen Kriegern, ist eine Uniform angedeutet. Und Miriam Clark muss als Norma meist in Mieder und Morgenrock über die Bühne geistern. So strafte das sonst so höfliche Dortmunder Opernpublikum Lübbes Team zur Premiere mit deutlichen Buh-Rufen – und feierte Solisten, Chor und Orchester mit lang anhaltendem Applaus.

Karsten Mark

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