In Europa müssen Hersteller immer mehr Informationen auf Lebensmitteln angeben; denn wir wollen ja wissen, was wir zu uns nehmen. Wollen wir das? Bedeutet klug sein bereits, klug zu essen? Wissen ist, darüber Bescheid zu wissen, dass Tomaten Früchte sind. Weisheit ist, sie nicht in den Obstsalat zu tun. Philosophie ist, sich darüber Gedanken zu machen, ob Ketchup dann ein Smoothie ist. Gesunder Menschenverstand ist, zu wissen, dass Ketchup selbstverständlich kein Smoothie ist. Seit Menschengedenken besteht eine enge Verbindung zwischen den verschiedenen Formen intellektueller Prozesse und dem, was wir zu uns nehmen (sollten). Doch wer sich mit einem Thema auskennt, gehört oft nicht unbedingt zu den beliebtesten und respektiertesten Partygästen. Wer es versteht, in den frühen Morgenstunden noch aus den absurdesten Getränkeresten einen leckeren Cocktail zu mischen, den lädt man auch auf die nächste Feier wieder ein, aber eine Karriere in einem Dax-Vorstand gesteht man ihm insgeheim, bei allem Respekt, dann doch nicht zu.
Blutgruppe Butter
Menschen mit Wissen und Fähigkeiten stehen bei denen ohne stets an der Schwelle zwischen Bewunderung und Furcht. Wer weiß, welches Kraut vom Waldesrand nahrhaft oder gesund ist, gilt damals wie heute als Kräuter-Hexe. (Bei ungewollten Schwangerschaften ging man trotzdem hin. Oder bei gewollten. Aber auch hierbei geht es ja um Dinge, die sich – sozusagen – im Bauch abspielen.) Ernährungswissenschaftler erzählen mal, dass Gurken für schöne Haare und Nägel sorgen, und mal, dass das phallische Gemüse (das wie die Tomate auch eigentlich eine Frucht, sogar eine Beere ist) Blähungen verursacht. Wahrscheinlich haben sie beide Male recht, aber bei nicht so sehr in Agurologie (Gurkenlehre) Bewanderten haben sie schon mal verschissen.
Dass gute Bildung und gute Ernährung jedoch nicht untrennbar zusammengehören wie Bohnen und Speck, zeigen Ergebnisse aus den Amerikas. Knapp 42 Prozent aller erwachsenen US-Amerikaner haben einen College-Abschluss. Rund 66 Prozent von ihnen sind übergewichtig, und 32 % haben sogar die Blutgruppe Butter. In Bolivien hingegen lebt das Volk der Tsimané. Statt zu McD laufen sie in den Regenwald und ihr Lieferdienst heißt nicht Lieferheld, sondern Garten. Der würde zwar maximal 3,8 Sterne auf Google bekommen (und jeder weiß, dass alles unter 4 von 5 Sternen im Internet den geschäftlichen Tod bedeutet), aber die Tsimané gelten als das gesündeste Volk der Welt. Eine Studie zeigte, dass das Herz-Gefäß-System eines 80-jährigen Tsimané in diversen Parametern dem eines 50-jährigen Yankees entspräche.
Smoothie to smoke
Jetzt hört man ja so viel über den desolaten Zustand der Bildung in den USA. Vielleicht wissen die meisten Amis nicht, dass eine Tomate eine Frucht ist. In den Obstsalat tun sie sie aber dennoch nicht. Ich hingegen, im Land der Dichter und Denker sozialisiert und gebildet genug, um Wörter wie „Agurologie“ zu erfinden, esse weder Obst noch andere Früchte. Aber ich habe das Wissen, dass Hopfen zu den Hanfgewächsen zählt; die Weisheit, ihn nicht zu rauchen; und ich philosophiere darüber, ob das Bier zu einem Hopfensmoothie macht. Und nun appelliere ich an Ihren gesunden Menschenverstand, diese Frage zu beantworten.
NIMMER SATT - Aktiv im Thema
welt-ernaehrung.de/2014/12/26/die-lange-gruene-revolution | Kritisches Resümee zur Grünen Revolution anhand einer Studie des britisch-amerikanischen Wissenschaftlers und Aktivisten Raj Patel.
brot-fuer-die-welt.de/themen/ernaehrung | Kompakter Grundsatzartikel über Wege, Nahrungsmittel in der Welt gerecht zu verteilen.
zentrum-der-gesundheit.de/news/gesundheit/allgemein-gesundheit/kohlenhydratreiche-ernaehrung-schuetzt-das-herz | Gesunde Ernährung- und Lebensweise erklärt am Beispiel der bolivianischen Tsimane.
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