Schon während ich mein Patenkind fragte, ob ich ihm zum Geburtstag einen Musical-Besuch mit anschließendem Essen schenken soll, hätte ich mir am liebsten auf die Lippen gebissen. Ich befürchtete, zum dritten Mal in „Starlight Express“ und anschließend bei McDonald‘s zu landen. Doch zu meiner Überraschung sagte sie: „Irgendwann muss ich ja mal mit Shakespeare anfangen. Lass uns in die „West Side Story“ gehen. Tja, irgendwie scheinen ja der Musical-Führer und diverse Broadway-CDs, die ich ihr im Laufe der Jahre „geschmacksbildend“ untergejubelt hatte, nun doch ihre Früchte zu tragen. Und so bestellte ich stolz 2 Karten für die wieder mal durchs Land tourende Broadway-Produktion des Musical-Klassikers, dem Regisseur Joey McKneely die legendäre Original-Choreographie von Jerome Robbins verliehen hat.
Mit der „West Side Story“ beschritt Leonard Bernstein 1957 den „schwierigen Weg zwischen Oper und Broadway, Realismus und Poesie, Ballett und „einfach tanzen“ ... und schuf ein Gesamtkunstwerk, das bis heute im amerikanischen Musiktheater einmalig ist: die kongeniale Synthese von Musik, Tanz und Schauspiel. Gleich mit den ersten Takten des Prologs wird man hereingezogen in die Bandenwelt der Hinterhöfe New Yorks: Die weißen „Jets“ werden mit jazzhaften Klängen charakterisiert, die puertoricanischen „Sharks“ durch lateinamerikanische Rhythmen. Und Paul Gallis grandioses Bühnenbild aus die Szenerie einrahmenden, skelettartigen Treppengerüsten und an die Rückwand projizierten, schwarzweißen New York-Ansichten schafft eine sowohl authentische wie auch überhöhte, poetische Stimmung. Diese Atmosphäre schafft auch den Raum, in dem moderne, auf einer Zwölftonreihe basierende Songs wie „Cool“ neben operettenhaften Liedern wie „Maria“ bestehen können. Denn gerade diese Verschmelzung verschiedener Musikstile, die auch vor dissonanten Tönen nicht zurückschreckt, macht die Faszination der „West Side Story“ aus. Und natürlich das Thema der (Jugendbanden-) Gewalt und Rassendiskriminierung, das bis heute aktuell geblieben ist. Und so rührt uns die Geschichte des ehemaligen Jets Tony, der die Puertoricanerin Maria kennen und lieben lernt, immer noch zu Tränen: Wenn Tony und Maria mit „Tonight“ ihre „verbotene“ Liebe besiegeln, dann schweben sie gleichsam im 7. (Musical-)Himmel.
Da die „West Side Story“ ihre Geschichte bei Shakespeares „Romeo und Julia“ entlehnt hat, wissen wir natürlich, dass es für die beiden kein Happy-End geben wird. Aber für uns einen rauschhaften Musical-Abend.
Deutsche Oper am Rhein, Düsseldorf
1.-19.7.,19.30 Uhr (außer Mo.), Sa/So auch 14.30 Uhr.
Tickets von 28-88 € unter 0211 892 52 11 oder 0180 515 25 30
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