Ayat Najafi, geboren 1976 in Teheran, studierte Bühnenbild und hat im Iran bereits mehrere Kurzfilme gedreht. David Assmann, geboren 1978, studiert Mediendramaturgie in Mainz. Ihr gemeinsamer Film ist für beide der erste Langfilm. choices sprach mit David Assmann über „Football Under Cover“.
engels: Wie bist du auf das ungewöhnliche Thema des Films gekommen?
David Assmann: Meine Schwester Marlene nahm 2005 mit einem Kurzfilmportrait über ihre Kreuzberger Fußballmannschaft am Berlinale Talent Campus teil. Dort lernte sie den Iraner Ayat Najafi kennen, der ebenfalls mit einem Film über Frauenfußball vertreten war. Er erzählte von der iranischen Frauennationalmannschaft, und dass sie keine Spiele hat. So entstand die Idee, ein Spiel zwischen der Berliner und der iranischen Mannschaft zu organisieren.
Ein Teil der Dreharbeiten fand im Iran statt. Wie muss man sich die Bedingungen vorstellen, unter denen ihr filmen durftet, inwieweit wurde eure Arbeit beobachtet bzw. überwacht oder gar behindert?
Das muss alles offiziell beantragt und angemeldet sein, sonst ist man gleich seine Kamera los. Aber obwohl wir für jede Straße, jeden Park, wo wir gedreht haben, eine Genehmigung hatten, konnten wir uns doch nie sicher sein. Unsere Kameraleute haben immer einen Finger auf der Eject-Taste gehabt, um im Notfall schnell das Band rauszuholen und in Sicherheit zu bringen. Die Beschlagnahmung von Filmmaterial war ein großes Risiko, weshalb wir die bespielten Bänder dann auch über die Deutsche Botschaft in Teheran am Zoll vorbei nach Deutschland geschickt haben.
Konntet ihr einen Eindruck vom Alltag im Iran gewinnen? Unterscheiden sich eure Erfahrungen von den Bildern, die man hierzulande vom Iran hat?
Wer sich ein bisschen mit dem Thema auseinandersetzt, lernt auch von hier aus beide Seiten kennen: auf der einen Seite natürlich die strengen islamischen Regeln, Kontrolle und Willkür im öffentlichen Bereich, aber auf der anderen Seite der private Bereich, wo es eigentlich genauso zugeht wie bei uns, mit Hollywood- Filmen, Popmusik, Alkohol. Diese Erwartungen habe ich gleichermaßen bestätigt gefunden. Was mich aber wirklich überrascht und nachdenklich gemacht hat, ist die Selbstverständlichkeit, mit der zwischen diesen Bereichen gewechselt wird.
Am Ende des Films steht natürlich das Fußballspiel. Männer durften nicht ins Stadion - wie konntet ihr trotzdem die Szenen drehen?
Zum Glück hatten wir mit Anne Misselwitz schon eine gute Kamerafrau in unserer Crew, für die wir in Teheran Verstärkung in Form von weiterem weiblichen Kamerapersonal anheuern mussten. Das waren überwiegend Fotografinnen, denen wir nur einen kurzen Crashkurs in Kameratechnik geben konnten, bevor wir sie ins kalte Wasser warfen. Schon möglich, dass man das der Szene anmerkt, aber vielleicht trägt es ja auch zur Atmosphäre bei, dass die Kamerafrauen genauso aufgeregt sind wie die Fußballerinnen und das Publikum.
Gibt es schon Pläne für einen neuen Film?
Bis auf Ayat sind wir alle - meine Schwestern, unser Filmteam und ich - noch Studenten und müssen uns wieder unserem Studium zuwenden. Nach Football Under Cover, wo wir so stark von äußeren Faktoren abhängig waren, würde ich als nächstes aber gerne einen Spielfilm drehen, bei dem ich alles unter Kontrolle habe. Aber wahrscheinlich denkt so jeder Regisseur, der einen Dokumentarfilm gemacht hat.
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