Die Österreicher Tizza Covi und Rainer Frimmel, beide Jahrgang '71, studierten in Wien an der Höheren Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt. Nach Auslandsstipendien realisierten sie drei Dokumentarfilme. „La Pivellina“ ist ihr erster Spielfilm.
engels: Frau Covi, Herr Frimmel, Sie erzählen in „La Pivellina“ von Zirkusmenschen, aber die Angst vor Gauklerklischees ist unbegründet. Was suchten und fanden sie stattdessen bei diesen Menschen?
Tizza Covi/Rainer Frimmel: Uns verbindet eine lange Freundschaft mit unseren Darstellern, deswegen liegt uns nichts ferner, als sie mit Klischees in Verbindung zu bringen. Unsere anfängliche Faszination für das Phänomen Zirkus hat sich bald gewandelt in ein Interesse für die Normalität, für das Alltägliche dieser Lebensform, die sich durch einen besonders starken inneren Zusammenhalt vor den Vorurteilen und Anfeindungen der Außenwelt schützt.
Sie haben mit Laiendarstellern gearbeitet, die ihre Biografie mit in den Film einbrachten. Worin sehen Sie den Vorteil gegenüber der Arbeit mit klassisch ausgebildeten Schauspielern?
In unseren Filmen versuchen wir, die Grenzen zwischen Fiktion und Realität unsichtbar zu machen, deswegen arbeiten wir mit Laiendarstellern, die sich selber darstellen können, ohne dass sie eine Figur spielen müssen. Ihre Biografie ist Teil des Drehbuchs. Für klassische Schauspieler kann es manchmal eine große Herausforderung sein, vor der Kamera einfach so zu sein wie man ist, also nichts zu spielen.
Die Menschen dort sind sehr herzlich. Aber gerade die Titelfigur hat einen rauen Tonfall und wirkt nicht geglättet oder idealisiert. Wie viel davon ist Rolle, wie viel Darstellerin?
In unserer Regiearbeit versuchen wir, die Arbeit mit den Darstellern so zu gestalten, dass sie sich mit ihrer Rolle soweit identifizieren, dass sich das Fiktive verliert und im Idealfall jede Bewegung oder jeder Dialog authentisch wird. Der Umgangston unter unseren Darstellern ist für unsere Verhältnisse vielleicht rau, aber für das römische Quartier San Basilio ist das ganz normal, fast schon liebevoll.
Wie haben sie den Dreh mit der damals zweijährigen Hauptdarstellerin Asia unter den widrigen Umständen – im Winter und auf einem matschigen Platz – bewerkstelligt?
Die äußeren Umstände waren das geringste Problem – an die gewöhnt man sich relativ rasch. Es war schon bedeutend schwieriger, sich auf die Unberechenbarkeit eines Kleinkindes einzustellen und flexibel genug zu sein, die Stimmungsschwankungen einer Zweijährigen im richtigen Moment zu erfassen, um eine dem Drehbuch entsprechende Szene zu drehen.
Nach einigen Dokumentarfilmen wechseln Sie mit „La Pivellina“ zum fiktiven Film. Wieso sollte es diesmal ein Spielfilm werden?
Wir sehen die Trennung zwischen Dokumentarfilm und Spielfilm nicht so streng. Im Kino interessieren uns am meisten jene Spielfilme, die zugleich auch sehr dokumentarisch sind. In „La Pivellina“ wandten wir mehr oder weniger die gleiche Arbeitsweise wie bei unseren Dokumentarfilmen an, nur mit dem Unterschied, dass wir diesmal mehr in die Realität eingriffen und uns an gewisse Regeln des Spielfilms hielten.
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