Frieder Wittich, 1974 in Stuttgart geboren, studierte von 1998 bis 2004 Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Für seinen Abschlussfilm erhielt er den First Steps Award. Dadurch wurde Vicco von Bülow alias Loriot sein Mentor, der bei seinem ersten Kinofilm „13 Semester“ beratend mitwirkte.
engels: Herr Wittich, Ihr ‘Studentenfilm’ wirkt sehr realistisch: keine WGs in schicken Lofts, keine Endlosparty … Haben Sie viele eigene Erfahrungen in den Film einfließen lassen können?
Frieder Wittich: Na klar. Allerdings war es nie unser Plan, einen autobiographischen Film zu machen. Die Grundidee kam von meinem Co-Autor Oliver Ziegenbalg. Er hat selbst – wie unser Protagonist in „13 Semester“ – Wirtschaftsmathematik studiert. Letztendlich ist alles, was im Film passiert, ein Sammelsurium von Erlebtem. Aber eben nicht nur von uns, sondern eben auch von Freunden, von Kommilitonen oder von Freunden von Kommilitonen ... Uns war es von Anfang an wichtig, eine authentische Geschichte zu erzählen.
Trotz des realistischen Grundtons wartet der Film mit vielen frischen filmischen Ideen – z. B. die im schnellen Vor- und Rücklauf gezeigte Australienszene – auf, die den Rahmen des Realismus sprengen. Wie haben Sie die Balance gehalten?
Wie Sie richtig sagen, sind das „filmische Ideen“, also Stilmittel, die Erlebtes in einer besonderen Art und Weise erzählen. Schließlich ist „13 Semester“, trotz authentischer Geschichte, ein Spielfilm und kein Dokumentarfilm. Und am Ende ist es dein Bauchgefühl, das dir sagt: Aufgepasst, jetzt drängt sich der Erzählstil in den Vordergrund und macht die eigentliche Geschichte platt. Oder das Gefühl sagt dir: Hm … könnte ich das nicht einzigartiger, überraschender erzählen?
Sie erzählen gleichmäßig in einem Zeitrahmen von 7,5 Jahren. Wie haben Sie es in den Griff bekommen, dass der Film nicht dramaturgisch auseinanderfällt?
Gott sei Dank sind 13 Semester nur 6,5 Jahre...
Oh, sie haben recht. Das Studium Ihres Protagonisten wäre nichts für mich gewesen … Wie sind Sie nun diese große Zeitspanne angegangen?
Wir haben den Film „vordergründig“ in 13 Kapitel aufgeteilt, die wir wiederum thematisch etwas sortiert haben. Im Hintergrund sitzt da aber dramaturgisch eine klassische Drei-Akt-Struktur.
Das stimmt: Momo startet voller Neugier ins Studentenleben, verliert dann den Halt zwischen all dem Neuen, bevor er schließlich seinen Weg macht. Gerade in den ersten beiden Akten gibt es ein paar Massenszenen. Für einen Langfilmdebütanten muss das eine große logistische Herausforderung gewesen sein …?
Mir macht das totalen Spaß, mit vielen Menschen vor der Kamera zu arbeiten. Und was die Logistik in der Vorbereitung angeht, konnte ich mich auf das Team und die erfahrene Produktionsfirma Claussen+Wöbke+Putz verlassen.
Während einem beim Thema Studium gleich Dutzende amerikanische Filme einfallen, gibt es im deutschen Kino kaum Filme, die dem Genre zugeordnet werden können. Was glauben Sie, warum der College-Film im Gegensatz zu den USA in Deutschland fast nicht existent ist?
Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung. Das haben wir uns auch schon oft gefragt. Schlussendlich war das aber auch mit ein Grund, warum wir uns für diese Geschichte entschieden haben.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
„Versagen ist etwas sehr Schönes“
Regisseur Taika Waititi über „Next Goal Wins“ – Gespräch zum Film 01/24
„Ich muss an das glauben, was ich filme“
Denis Imbert über „Auf dem Weg“ – Gespräch zum Film 12/23
„Ich hatte bei diesem Film enorm viel Glück“
Tarik Saleh über „Die Kairo Verschwörung“ – Gespräch zum Film 04/23
„Ich wollte das damalige Leben erfahrbar machen“
Maggie Peren über „Der Passfälscher“ – Gespräch zum Film 10/22
„Ich wollte das Geheimnis seiner Kunst ergründen“
Regina Schilling über „Igor Levit – No Fear“ – Gespräch zum Film 10/22
„Migration wird uns noch lange beschäftigen“
Louis-Julien Petit über „Die Küchenbrigade“ – Gespräch zum Film 09/22
„Die Wüste ist ein dritter Charakter im Film“
Stefan Sarazin über „Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie“ – Gespräch zum Film 08/22
„Diese Generationenkonflikte kennen viele“
Katharina Marie Schubert über „Das Mädchen mit den goldenen Händen“ – Gespräch zum Film 02/22
„In der Geschichte geht es um Machtverhältnisse“
Bettina Oberli über „Wanda, mein Wunder“ – Gespräch zum Film 01/22
„Wir wollten kein langweiliges Biopic machen“
Regisseur Andreas Kleinert über „Lieber Thomas“ – Gespräch zum Film 11/21
„Gustave Eiffel war seiner Zeit voraus“
Martin Bourboulon über „Eiffel in Love“ – Gespräch zum Film 11/21
„Richtiges Thema zur richtigen Zeit“
Sönke Wortmann über „Contra“ – Gespräch zum Film 10/21
„Wie spricht man mit einem Kind über den Tod?“
Uberto Pasolini über „Nowhere Special“ – Gespräch zum Film 10/21
„Seine Kreativität lag lange im Verborgenen“
Sonia Liza Kenterman über „Der Hochzeitsschneider von Athen“ – Gespräch zum Film 09/21
„Du denkst, die Erde bebt“
Regisseurin Anne Zohra Berrached über „Die Welt wird eine andere sein“ – Gespräch zum Film 08/21
„Ich würde so gerne gehen. Aber ich weiß nicht, wohin.“
Produzentin Bettina Wente über „Nahschuss“ – Gespräch zum Film 08/21
„Es geht bei Fassbinder um Machtstrukturen“
Oskar Roehler über „Enfant Terrible“ – Gespräch zum Film 10/20
„Familienfilm mit politischer Haltung“
Dani Levy über „Die Känguru-Chroniken“ – Gespräch zum Film 03/20
„Nicht alles erklären“
Patrick Vollrath über „7500“ – Gespräch zum Film 01/20
„Corinna Harfouch ist eine Klasse für sich“
Jan-Ole Gerster über „Lara“ – Gespräch zum Film 11/19
„Der Film brauchte eine Bildgewalt“
Christian Schwochow über „Deutschstunde“ – Gespräch zum Film 10/19
„Das Thema war in der DDR absolut tabu“
Bernd Böhlich über „Und der Zukunft zugewandt“ – Gespräch zum Film 09/19