Der aus einer wohlhabenden Familie stammende, 1986 in Los Angeles geborene Armie Hammer wurde 2010 durch seine Doppelrolle in „The Social Network“ und ein Jahr darauf als Liebhaber Leonardo DiCaprios in „J. Edgar“ schlagartig international bekannt. Nachdem er Hauptrollen in den Großproduktionen „Lone Ranger“ und „Codename U.N.C.L.E.“ übernommen hatte, war er in diesem Jahr schon in so unterschiedlichen Produktionen wie „The Birth of a Nation: Aufstand zur Freiheit“, „Nocturnal Animals“ und „Free Fire“ zu sehen. Am 3. August startet Stanley Tuccis „Final Portrait“ in den Kinos, in dem Hammer den Biografen James Lord verkörpert, der sich vom berühmten Maler Alberto Giacometti porträtieren lässt.
engels: Mister Hammer, macht es Ihnen besonderen Spaß, in ihren Filmen in andere Zeiten einzutauchen? Viele Ihrer Filme spielen in den 60er, 70er, 80er Jahren?
Armie Hammer: Ja, ich weiß gar nicht, ob ich jemals eine Figur aus unserer Zeit gespielt habe (lacht). Ich kann mir das auch nicht so recht erklären, denn ich habe nicht allzu viel Kontrolle darüber, welche Drehbücher auf meinem Tisch landen.
Sie scheinen in allem ein sehr aktiver Mensch zu sein, Ihre Rolle in „Final Portrait“ ist aber eine sehr passive. Was hat Sie daran fasziniert?
Ich bin ein großer Fan der Filme, die Stanley Tucci als Regisseur gedreht hat und wollte deswegen unbedingt einmal in einem seiner Filme dabei sein. Ich war begeistert von der Idee, mit Geoffrey Rush zusammenzuarbeiten, zumal es bei diesem Projekt so viele verschiedene Herausforderungen gab. Denn in den meisten Szenen im Film sitze ich auf einem Stuhl und bin nicht in der Lage, mich zu bewegen. Über diese Tatsache haben wir uns dann in den Vorbereitungen eine Menge Gedanken gemacht. Aber die größte Herausforderung für mich als eine sehr extrovertierte Person bestand darin, diese introvertierte Figur zu spielen. Er ist ein Voyeur, der gerne beobachtet, was ihn zu einem großartigen Biografen macht. Auch die Beziehung zwischen diesen beiden Männern ist faszinierend, denn sie scheinen absolut nichts miteinander gemein zu haben, und doch wissen sie beide, wie man nach künstlerischer Perfektion strebt. Für Giacometti mit Hilfe von Öl und Leinwand oder Ton, für James Lord mit Papier und Tinte.
War es nicht enorm schwer, diese auch größtenteils stumme Rolle zu spielen?
Lord war so schweigsam, weil er es wirklich liebte, zu beobachten und zuzuhören. Wenn mein Partner nicht Geoffrey Rush oder ein Schauspieler seines Kalibers gewesen wäre, dann wäre es schwierig gewesen, diesen nur stumm zu beobachten. Rush machte es mir leicht, denn ich wollte ihm wirklich einfach nur zusehen.
Sie sind ein wenig aus dem Hollywood-Mainstream ausgeschieden, sehe ich das richtig?
Ja, ich würde das zumindest hinsichtlich der größeren, Big-Budget-Filme so unterstreichen. Dafür gibt es eine Vielzahl an Gründen. Einer davon ist, dass ich das Pokern dabei nicht sonderlich mochte. Es gibt eine dermaßen endgültige Gewinner-oder-Verlierer-Mentalität hinsichtlich der Filme, die man in dieser Größenordnung dreht, und mir gefällt einfach das dahinterstehende Rechensystem nicht besonders. Alles wird auf das Startwochenende heruntergebrochen. Filme wie „Lone Ranger“ oder „Codename U.N.C.L.E.“ blieben an ihren Startwochenenden hinter den Erwartungen zurück und wurden sofort als Flops gebrandmarkt. Dabei hatte ich eine Menge Spaß bei beiden Filmen während der Dreharbeiten, musste dann aber feststellen, dass solche Aussagen auch meine eigene Meinung über diese Filme zu beeinflussen begannen. Aber eigentlich sollte ich doch am Tag vor dem Kinostart genau gleich über einen Film denken, wie am Tag nach seinem Kinostart. Denn die Erfahrungen beim Drehen verändern sich dadurch ja nicht. Da baute sich ein enormer Druck auf mich auf. Außerdem machen Studios immer weniger Filme in dieser Art.
Also kann man diesen Schritt als eine bewusste Karriereentscheidung ansehen?
Ich bin mir nicht sicher, denn ich wage nicht zu behaupten, dass ich irgendeine Art von Kontrolle über mein Leben habe. Ich habe keinen Größenwahn dieser Art. Meiner Meinung nach ist es eher eine Kombination von Vorbereitung und günstiger Gelegenheit, die zu einem Ergebnis führt. Man hat nicht allzu viel Kontrolle, aber ich kann mir natürlich die Projekte aussuchen, die ich gerne machen möchte, und ich habe es wirklich genossen, in den letzten zwei Jahren an kleineren, leidenschaftlichen Projekten mitzuwirken. Bei großen Produktionen muss man allein wegen der großen Summen von Geld immer Kompromisse eingehen, bei den kleinen Produktionen kann man Dinge tun, die bei Großproduktionen nie möglich wären.
Wäre es für Sie nicht auch einmal interessant, hinter die Kamera zu wechseln, um die Projekte voranzubringen, die Ihnen persönlich wichtig sind?
Ja, meine Frau und ich haben auch eine eigene Produktionsgesellschaft. Und wir kaufen die Rechte an Stoffen, die wir interessant und faszinierend finden. Wenn ich irgendwann einmal meine Versagensängste überwinden kann, würde ich gerne mal Regie führen oder zusammen mit meiner Frau aktiv die Produzentenrolle ausführen. Wir entwickeln derzeit gemeinsam eine Fernsehsendung, sind aber noch in einer frühen Phase, weswegen ich darüber noch nicht viel verraten kann. Ich werde darin auch mitspielen. Als Schauspieler ist man derart darauf reduziert, welche Projekte an einen herangetragen werden. Außerdem sind diese im Laufe der Zeit schon durch so viele Hände gegangen, dass man jegliche Kontrolle darüber dann schon verloren hat. Wenn man hingegen seine eigenen Projekte entwickelt, kann man sich auf Dinge stürzen, die man wirklich interessant findet.
Sie haben russische, jüdische, englische, schottisch-irische und deutsche Wurzeln. Macht Sie das weniger amerikanisch?
Meiner Meinung nach sollten Grenzen generell immer unwichtiger werden. Ja, ich bin eine Mischung aus den unterschiedlichsten Nationalitäten, aber das ist doch völlig belanglos. Wir sind doch alle nur Menschen, Weltbürger sozusagen. All diese verschiedenen Wurzeln machen mich eigentlich umso amerikanischer, denn entgegen aktueller Tendenzen war Amerika früher ja der Schmelztiegel der Nationen. Insofern bin ich eigentlich ein Vorbild-Amerikaner (lacht).
Ihr Vater war früher nicht sehr glücklich, dass Sie Schauspieler werden wollen. Sieht er das seit Ihrem Erfolg nun anders?
Wie alle guten Eltern waren auch meine über meine Berufswahl besorgt, weil das Business dafür bekannt ist, nicht gerade zimperlich mit Schauspielern umzugehen. Als ich ihnen beweisen konnte, dass die Schauspielerei wirklich meine Leidenschaft ist und ich diesen Weg nicht nur eingeschlagen hatte, damit ich nicht auf College muss, unterstützten sie mich vorbehaltlos.
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