Maren Ade, Jahrgang ‘76, studierte in München Produktion, Medienwirtschaft, Film- und Fernsehregie. Ihr Abschlussfilm „Der Wald vor lauter Bäumen“ erhielt zahlreiche Auszeichnungen und lief 2003 erfolgreich im Kino. Ihr zweiter Film „Alle Anderen“ erhielt Anfang des Jahres auf der Berlinale den „Großen Preise der Jury“.
engels: Frau Ade, Ihr Debüt „Wald vor lauter Bäumen“ war ein großer Kritikererfolg. Seitdem ist einige Zeit vergangen. War der Erfolgsdruck groß?
Maren Ade: Ja, ich habe mich schon schwer getan, etwas Neues zu finden. Bei meinem ersten Film habe ich einfach ‘gemacht’. Aber in erster Linie mache ich mir selbst Druck mit meinen Ansprüchen. Einerseits wollte ich mich nicht wiederholen, andererseits wurde mir bewusst, was am letzten Film gut ankam. Davon musste ich mich freimachen. Und am Ende haben beide Filme dann doch eine Ähnlichkeit.
Wie kam die Themenfindung für den zweiten Film schließlich zustande?
Am Anfang steht für mich mehr eine Figur als ein Thema. Die taucht meistens zuerst auf. Das war bei „Alle Anderen“ Gitti. Ich wollte eine Figur haben, die sehr eigenwillig ist. Jemand, mit dem es schwer ist, eine Beziehung zu führen. So kam das Thema Liebe dazu. Auch wenn „Alle Anderen“ kein klassischer Liebesfilm ist, ist es für mich ein Film über Liebe.
„Alle Anderen“ funktioniert trotz luftiger Open Air-Szenerie wie ein Kammerspiel. Damit steht und fällt alles mit den Schauspielern und den Dialogen. Durch welche Eigenschaften mussten sich Ihre beiden Hauptdarsteller auszeichnen?
Sie mussten in erster Linie gut sein. Und natürlich auf die Rollen passen, zueinander passen. Das war eigentlich das interessanteste und schwierigste. Ein glaubwürdiges Paar zu finden. Bei den beiden mochte ich, dass man nicht genau wusste, wer von beiden der Stärkere oder Schwächere ist. Das Machtverhältnis war unklar. Und sie mussten mit dem Buch etwas anfangen können. Ich rede am Anfang eines Castings immer kurz über das Buch. Das ist mir wichtig.
Nicht nur das Spiel, auch die Dialoge wirken sehr realistisch und spontan. Wie sehr ist das alles durch das Drehbuch vorgegeben, wo fängt die Improvisation an?
Das war ein richtiges Drehbuch, und zum großen Teil steht auch alles so drin. Ich versuche trotzdem, den Darstellern viele Freiheiten zu lassen. Auch eine geschriebene Szene kann man auf so viele Arten spielen. Die beiden haben sich sehr stark eingebracht und ihren Figuren viel von sich geschenkt, auch wenn nicht viel improvisiert war.
Anders als bei ihrem Debüt, das sicherlich für viele Zuschauer funktionierte, weil der Film soziologisch auf einen spannenden Extremfall blickt, ist „Alle Anderen“ weniger spektakulär. Damit funktioniert er vielleicht nur für ein Publikum, das sich mit den Figuren identifizieren kann. Oder transportiert der Film doch etwas Allgemeingültiges?
Ich glaube schon, dass der Film etwas Allgemeingültiges hat. Die Angst der beiden, dass der andere sie nicht so liebt, wie sie sind, die Sehnsucht danach, seine Beziehung neu erfinden zu können, der Moment, in dem Gitti und Chris beginnen, das andere Paar zu imitieren, ihnen nachzueifern. Da hatte ich bei den Vorführungen das Gefühl, dass eigentlich alle Altersgruppen etwas damit anfangen können, aus unterschiedlicher Perspektive. Aber natürlich ist Film immer Geschmackssache.
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