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Regisseurin Marie Kreutzer
Foto: Thimfilm

Geborgenheit und Freiheit

28. Juli 2011

Die Schweizerin Marie Kreutzer über ihren Debütfilm „Die Vaterlosen“ - Gespräch zum Film 08/11

Marie Kreutzer, 1977 in Graz geboren, studierte Romanistik und Germanistik, bevor sie an die Wiener Filmakademie wechselte und die Fächer Drehbuch und Dramaturgie belegte. Seit dem Jahr 2000 drehte sie vier teils prämierte Kurzfilme. Ihr erster Kinolangfilm „Die Vaterlosen“ feierte auf der diesjährigen Berlinale seine Premiere, wo er den Preis für den besten Debütfilm erhielt.

engels: Frau Kreutzer, haben Sie einen biografischen Bezug zum Thema Ihres Debütfilms?
Marie Kreutzer:
Ich bin nicht in einer Kommune aufgewachsen, aber ich habe auch eine Familie – und ich bin auch in einem alten Haus in ländlicher Umgebung aufgewachsen. Außerdem war ich in einer Alternativschule mit dem Ideal antiautoritärer Erziehung, was sicher in die Kommunenszenen eingeflossen ist.

Die Geschichte ist so sehr mit einem einzigen Ort verbunden, dass man meinen könnte, die Filmcrew hätte in dem Haus ebenso als WG gewohnt wie die Figuren. Wie gestaltete sich der Dreh tatsächlich?
In dem Haus gab es weder Strom noch fließendes Wasser, das wäre also etwas unbequem geworden. Aber natürlich haben wir sehr viel Zeit zusammen in und um dieses Haus verbracht, sind dort abends nach dem Drehen in der Wiese oder am Lagerfeuer gesessen. Es war ein idealer Drehort, eine wirkliche Homebase, und alles an einem Motiv zu drehen, war auch organisatorisch sehr günstig. Der Dreh dort war eine sehr intensive Erfahrung, sodass ich mich dem Haus sehr verbunden fühle – und immer noch so etwas wie Heimweh empfinde, wenn ich daran denke.

Die Vaterlosen“ ist in der Gegenwart angesiedelt, doch es gibt auch Rückblenden. Wie hat sich das Verhältnis der Zeitebenen ergeben?
Die Rückblenden-Ebene war von Anfang an Bestandteil des Drehbuchs. Sie ist allerdings immer fragmentarischer geworden, im Schnitt haben wir nochmals einige Szenen verloren. Die Rückblenden sollen sich anfühlen wie Erinnerungen – unvollständig, assoziativ, mit einer starken Atmosphäre von Sommer und Kindheit, aber eben nicht zu komplett, nicht zu erklärend.

Für mich verliert der Film durch den schicksalhaften Vorfall in der Vergangenheit ein wenig seinen allgemeingültigen Charakter. Ging es Ihnen denn überhaupt um das Thema alternativer Familienmodelle im Allgemeinen?
Ich sehe das nicht so. Das Ereignis in der Vergangenheit ist eng mit den Themen des Films verknüpft. Oder anders gesagt: Es ging mir um Familie im Allgemeinen, um die Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Geborgenheit und Freiheit, und ich habe diese Geschichte mit genau diesem Ende gewählt, um darüber zu erzählen.

Gibt es bereits Pläne für ein neues Projekt?
Ja, Pläne gibt es sogar für zwei, aber ich stehe noch am Anfang der Schreibarbeit. Ich will aber nicht, dass zu viel Zeit bis zum nächsten Film vergeht, weil mich die Arbeit am Set und im Schneideraum sehr erfüllt. Ich kann mir keine schönere Arbeit vorstellen.

INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER

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