Jetzt schau doch mal, wie putzig, und so beeindruckend. Wie sie wuseln, wie sie sich anstrengen, wie alle beitragen wollen zum Erhalt der Gattung. Ihr Fleiß ist sprichwörtlich, und natürlich befolgen alle die Regeln – wo kommen sie denn sonst auch hin. Die Schönsten und Größten werden zum Chef gemacht und von allen anderen gehätschelt, gepflegt und angebetet. Und das Prinzip funktioniert bis zu den Geringsten unter ihnen – jede und jeder strengt sich an, zu erschaffen, sich zu vermehren, ein Volk zu sein und als solches ervolkreich (!).
So schwärmen sie täglich aus, um am Abend nach Hause zu bringen, was sie erbeutet haben. Dies wird gehortet und dann an die Behüter des Volkes als Entgelt zurückgegeben. Denn wenn diese nicht belohnt werden, werden sie auch nicht beschützen. Das ist der Grund, warum alle immer mehr und mehr produzieren und überall Feinde sehen, gegen die sie ihren Besitz sichern wollen. Doch am Ende muss nur ein Unwetter oder ein Virus kommen, und vorbei ist es mit all dem Gewimmel. Ja, schon lustig, diese Menschen. Wie ausgefeilt ihre Systeme sind, und doch so empfindlich gegen Störungen. Da braucht es nur ein paar Nervengifte in Boden und Nahrung, und schon führt das zu Orientierungsverlust, zu Krebs, zum Verlust der Artenvielfalt. Da braucht es nur ein bisschen Stress, und der Mensch bricht zusammen. Die Gründe für das vorzeitige Menschensterben sind zu großen Teilen menschgemacht.
Keiner kann ja ahnen, dass so ein paar kleine Korrekturen an unserem Lebensumfeld irgendetwas auslösen, was wir gar nicht wollten. Es hat ja auch keiner geahnt, dass ein paar importierte Dromedare einen ganzen Kontinent platt walzen können. Und keiner wollte, dass das giftige Herkuleskraut und der pestilenzige Essigbaum plötzlich an jeder Ecke stehen. Man muss doch das alles erst mal ausprobieren. Versuch macht kluch!
Also nicht schon vorher jammern. Natürlich gibt es Dinge, die wichtiger sind als das Wohl des Einzelnen. Hohe Produktivität zum Beispiel. Die ist alternativlos. Viel bedeutsamer als ein gesundes Lebensumfeld für den homo sapiens. Der Mensch als solcher fühlt sich zwar nicht wohl in dieser industriellen Landwirtschaft mit ihren monotonen Agrarwüsten und ihrer dicken Luft, er hustet ein bisschen, ist grün im Gesicht und fühlt sich merkwürdig matt, aber dagegen hilft ja immer mehr Chemie. Pülverchen hier, Tablettchen dort – Hauptsache es brummt im Stock!
Und letztendlich ist der Mensch den großen Chemiekonzernen und Technikagglomerationen ja dankbar. Sind Bayer und BASF nicht so etwas wie unser aller Mütter? Unsere Königinnen? Ihre Riesengewinne sind doch nur zu unserem Vorteil. Damit können sie forschen. Das ist wichtig für alle! Das System muss gehegt, gepflegt und vergrößert werden. Und wenn Roundup, Pestizide und Nervengifte die vorletzte Biene getötet haben, dann wird unseren geliebten Übermüttern schon etwas einfallen. Da brauchen wir uns doch gar keine Sorgen machen, alles wird sich fügen, eine neue Götterdämmerung zieht herauf.
Was für eine wundervolle Welt wird dies werden, wenn wir der trägen Natur mit unserer Kunst und unserer Vorstellungskraft entgegentreten. Drohnen statt Bienen zum Beispiel: künstliche Bestäubung, das klingt doch nett, nach einer strahlenden Zukunft! Wir können perfekte Systeme aus selbst konstruierten Pflanzen, dazu Pflanzennahrung und Pflanzenschutz entwerfen, so machen wir uns die Flora zu eigen. Wir werden auch Bienen erschaffen, die diese Pflanzen bestäuben. Das ist doch kein Hexenwerk. Ein paar Gene hier, ein paar Treibhäuser zur Bienenbrut dort, eine Biene mit zwei Rüsseln und einem fiedrigen Schwanz, ich kann es kaum erwarten.
Den Gipfel der Produktivität haben wir erreicht, sobald der Mensch ebenfalls ersetzt wird durch einen Roboter. Dann ist auch das allerletzte Ungeziefer ausgerottet auf diesem Planeten. Dann endlich ist alles gut. Lang lebe die Königin!
BIENENGLÜCK – Aktiv im Thema
mellifera.de | Der Verein setzt sich für wesensgemäße und nachhaltige Bienenhaltung ein, bietet Kurse an und betreibt Lobbyarbeit.
stadtbienen.org | Das Team richtet sich speziell an Stadtbewohner und bietet Kurse in 20 Städten an.
immenfreunde.de | Die Seite punktet mit einem besonders großen Wissensangebot für Freunde der naturnahen Imkerei.
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