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Regisseur David Sieveking
Adrian Stähli

Haltung entwickeln

01. Mai 2010

David Sieveking über „Davis Wants to Fly“ - Gespräch zum Film 05/10

David Sieveking, Jahrgang '77, arbeitete bereits als Cutter, Regieassistent und Schauspieler für das Fernsehen, bevor er in Berlin Regie studierte. Nach diversen Kurzfilmen ist „David wants to fly“ sein erster Kinofilm.

engels: Herr Sieveking, Sie lassen uns mit ihrem Debüt an ihren Lernprozessen teilhaben: denen als Regisseur, denen als Fan von David Lynch und sogar denen in ihrer Beziehung. War Ihnen von Anfang an klar, wie persönlich der Film werden wird?
David Sieveking:
Ich wollte von Anfang an einen persönlichen Film machen. Eine rein thematische Abhandlung über Transzendentale Meditation hat mich nicht interessiert. Ich wollte die Meditation nicht von außen betrachten, sondern im Selbstexperiment erfahren. Dass in meinem Film die Beziehung zu meiner Freundin, der Schriftstellerin Marie Pohl, eine wichtige Rolle spielen würde, habe ich allerdings anfangs nicht geahnt.

Dieses Prozesshafte im Gegensatz zu dem Perfekten macht den Charme des Films aus. Wann haben Sie gemerkt, dass der gewundene Weg zum interessanteren Film führt?
Die Hoffnung, an etwas Interessantem zu arbeiten, bestand natürlich von Anfang an. Aber als ich nach über 4 Jahren Dreharbeiten diesem riesigen Materialberg gegenüberstand, hatte ich meine Zweifel: Wie soll man aus über 300 Stunden teils chaotischen Videoaufnahmen eine spannende Geschichte herausfiltern? Zum Glück hatte ich einen tollen Kameramann (Adrian Stähli), und es gab immer wieder Momente beim Dreh, wo wir dachten: Wow, sowas hat noch keiner gefilmt! Etwa bei Maharishis Verbrennung in Indien, oder als David Lynch nachts auf dem Teufelsberg in Berlin den Grundstein für eine Universität der Unbesiegbarkeit legte.

Die Rede vom 'unbesiegbaren Deutschland' von Emanuel Schiffgens war für mich einer der erschütterndsten Momente. Wie ging es Ihnen bei diesen Worten?
Erschütternd war für mich nicht die Wortwahl, ich kannte den TM-Jargon. Mich schockierte die Unfähigkeit, mit den Reaktionen der Zuschauer umzugehen. Und dass sich Lynch uneingeschränkt hinter Raja Emanuel stellte. Selbst als dieser sich völlig verstieg und nach seiner Ansprache auf den Einwurf „Das wollte Adolf Hitler auch!“ antwortete: „Ja, aber leider hat er es nicht geschafft, weil er nicht die richtige Technik hatte.“

Hat Ihre Einschätzung von David Lynch als Filmemacher unter Ihren Erfahrungen gelitten, oder können Sie die Privatperson komplett vom Künstler trennen?

Ich achte Lynch weiterhin als Regisseur, er bleibt für mich einer der ganz großen Filmkünstler. Als spirituelle Leitfigur habe ich allerdings weniger Respekt. Man muss da trennen zwischen seinem Rang im künstlerischen Bereich und seiner Kompetenz als Meditationsexperte.

Ihr unkritisches Fantum ist jetzt erschüttert. Hat sich aus dem Film eine grundsätzliche Arbeitshaltung ergeben?
Ich werde sicher nicht gleich dem nächstbesten Promi hinterherlaufen, in der Hoffnung, mein Leben zu verbessern und den Weltfrieden zu erreichen. Aber grundsätzlich interessieren mich Filme mit einem unvoreingenommenen Blick mehr, als wenn man von vorneherein etwas verurteilt und das dann nur zu bestätigen sucht. Spannend ist es doch besonders, wenn sich eine Ansicht oder eine Haltung entwickelt.

INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER

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