Bereits im sechzehnten Jahr bespielt die Ruhrtriennale einmal jährlich die Stätten der Industriekultur. Es ist das erste Jahr der neuen Intendantin Stefanie Carp und ihrem Artiste associé, Christoph Marthaler. Wegen ihrer Einladung an die, die BDS-Kampagne unterstützende, Band Young Fathers ist Carp schon heftig in die Kritik geraten und musste mit dem Vorwurf umgehen, populistischen antisemitischen Inhalten eine Plattform zu bieten. Aufgrund dieser Vorwürfe lud sie die Band wieder aus, doch weil sie Künstler*innen nicht zensieren möchte, erfolgte eine erneute Einladung, die die Band allerdings ausschlug. Laute Stimmen fordern nun, dass Carp den Intendanten-Stuhl wieder räumt, doch die endgültige Entscheidung darüber wird wohl erst nach der ersten Ausgabe fallen.
Ganz wie die früheren Intendanten achtete Carp bei der Gestaltung ihres Programmes darauf, dass sie Künstler*innen und Produktionen findet, die sich zwischen künstlerischen Sparten bewegen, weil sie diese Stücke imstande sieht, die oft weitläufigen Hallen im Ruhrgebiet zu füllen. Nimmt man genauer unter die Lupe, was das Programm dem an Tanz interessierten Publikum bietet, entdeckt man das Stück „Kirina“ (18.-22.8.) von dem Choreografen Serge Aimé Coulibaly in Zusammenarbeit mit Rokia Traoré (Komposition und musikalische Leitung) und Felwine Sarr (Libretto). Es geht um Migrationsbewegung in Afrika und darum, wie migrierende Menschen ein Land beeinflussen, an ihm mitarbeiten und es verändern. Coulibaly tanzte für namhafte Choreografen wie Alain Platel und Sidi Larbi Cherkaoui, als Choreograf war er selbst Gast auf Kampnagel in Hamburg und im Tanzhaus NRW in Düsseldorf. Er kennt sich also bestens aus in der westlichen Ästhetik und sein Schaffen ist von ihr geprägt.
Das nächste Stück einer Choreografin ist „Black Privilege“ (22.-25.8.) von Mamela Nyamza und wird zum ersten Mal außerhalb Südafrikas gezeigt. Sie beschäftigt sich mit den überwachenden Strukturen heutiger Gesellschaften, in denen jede*r fortwährend be- und verurteilt wird. Die Geschichten verkannter Heldinnen des afrikanischen Unabhängigkeitskampfes werden thematisiert. Auch die eigene Biografie ist für Nyamza, die eine schwarzafrikanische, lesbische Mutter ist, immer wieder Ausgangspunkt für ihr Schaffen.
In der Arbeit „Jaguar“ (6.-9.9.) von Marlene Monteiro Freitas sehen wir zwei Figuren mit grotesken Clownsmündern. Freitas, die den Silbernen Löwen der Biennale von Venedig gewonnen hat, zeigt in diesem Stück ihre Freude an Absurdität und Verzerrung. Last but not least steht das Stück „Exodos“ (15.-20.9.) von Sasha Waltz & Guests auf dem Programm. Mit ihm feiert die erfolgreiche Berliner Compagnie ihr 25-jähriges Jubiläum. Exodos bezeichnet den Moment, in Darsteller*innen die Bühne verlassen, in dem die Maske fällt, ebenso bezeichnet es im Neugriechischen das Ausgehen ins Nachtleben, aber auch die Flucht und den tatsächlichen Ausgang.
Ruhrtriennale 2018 | www.ruhrtriennale.de
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