Die Zechen und Hochöfen des Ruhrgebietes sind Kulisse, Hintergrundrauschen, Initialzündung und Sujets kultureller Ereignisse. In diesem Ambiente formuliert die Ruhrtriennale ihre Identität und auch Notwendigkeit. Neben Theater- und Tanzaufführungen, Performances und Konzerten gehören Kunstinstallationen zum Programm: Selbstredend beziehen sie sich auf ihren jeweiligen Ort. Zwei davon sind in dieser Saison im Weltkulturerbe Zollverein zu sehen und zu erleben. Von weitem schon sieht man den Beitrag der in London ansässigen Künstlergruppe „rAndom International“, die (in Zusammenarbeit mit Urbane Künste Ruhr) eine Art Wasserfall am Kokskohlenbunker errichtet hat, der in Abständen im Karree auf einer Höhe von 19 m herunter prasselt. In Regenmänteln, die ausgegeben werden, kann man sich darunter stellen und sieht durch die Perlen des Wasservorhanges die Umgebung verändert, aber nicht wirklich anders. Reicht das? Am eindrucksvollsten bleibt doch die Szenerie der gigantischen Bauten selbst.
Dichter, verwobener, undurchdringlicher ist der Beitrag von Douglas Gordon, der sich mit seiner dramatischen Lichtregie über zwei Ebenen der Mischanlage erstreckt. Ja, bei Gordon's Effekten aus Licht, filmischem Bild, Musik, Lärm, vibrierendem Boden werden der ganze Körper und alle Sinne erfasst. In der Mischanlage der Kokerei Zollverein, wo Michal Rovner im vergangenen Jahr aufeinander abgestimmte Projektionen von großer Intensität zeigte, splittert jetzt Gordon, der berühmte schottische Videokünstler, die Ereignisse auf. Im Wechselspiel von Licht und Schatten steigt man von der einen Ebene auf die darunterliegende. Ein Rabe taucht auf einem Monitor auf; auf einer anderen, riesigen Projektionsfläche sind Szenen von mythischer Tiefe zu sehen, die in der Mischanlage aufgenommen wurden. Der Vortrag klassischer Musik findet mit dem Splittern des Instrumentes nach langem Fall sein Ende, geht über in eine Explosion ... und kurz vorm Ausgang der Mischanlage hört man überm Kopf ein Raunen und Säuseln. Das Pathos von Douglas Gordon verleiht dem Ort eine ganz bestimmte Aura des Existenziellen. Sehr intensiv und beeindruckend.
Weitere Installationen der Ruhrtriennale stammen von Dan Perjovschi und Mischa Kuball, die – sehr unterschiedlich – an der Jahrhunderthalle in Bochum gearbeitet haben, und von Heiner Goebbels mit seiner „Unguided Tour“ zu „Stifters Dinge“, welche jetzt eröffnet wurde. Ein Kennzeichen vor allem der Beiträge von Gordon und Goebbels ist eine Bildmächtigkeit, welche sich nun auch wie ein Topos durch viele theatralischen Produktionen zieht. Zu beobachten ist sie etwa beim Dialog von Massive Attack mit den filmischen Bildern von Adam Curtis, bei „The Last Adventures“ von Forced Entertainment, rein durch die Imaginationskraft der Schauspieler erzeugt, und bei „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Helmut Lachenmann in der Regie von Robert Wilson mittels minimaler, Zeit visualisierender Maßnahmen – vielleicht der Höhepunkt dieser Ruhrtriennale.
„rAndom International: Tower – Instant Structure for Schacht XII“ und „Douglas Gordon: Silence, Exile, Deceit“ | bis 6. Oktober vor Schacht XII bzw. in der Kokerei, Zollverein Essen | www.ruhrtriennale.de
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