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Gerechtes neues Jahr

28. Dezember 2022

Intro – Armut leicht gemacht

Der Staat ist auch nur eine Firma. Diesen Eindruck vermittelt eine große Mehrheit von Politikern und Ökonomen seit jeher eifrig. Wie ein Betrieb habe sich ein Staat vor hohen Schulden zu hüten. Floskeln, wie die vom Gürtel, der enger geschnallt werden müsse, haben diese Botschaft tief in der Gesellschaft verankert, und damit scheinbar einen Grund dafür, warum nie genug Geld zur Hand ist, um beispielsweise Armut zu beenden oder Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. Auch ökonomischen Laien geht auf, dass trotzdem noch so gigantische Summen immer dann zur Verfügung stehen, wenn die Regierenden von einem Projekt überzeugt sind (Sondervermögen Bundeswehr) oder es aussichtslos wäre, den Handlungsdruck kleinzureden (Coronakrise, Preisschock). Das Mantra vom staatlichen Sparzwang, die Gleichsetzung von Volks- und Betriebswirtschaft wirkt verlogen – und vermehrt kämpfen auch kritische Ökonomen dagegen an. Deren Expertise kommt mit dem Laienverdacht darin überein, dass in einem politisch und wirtschaftlich stabilen Staat alles finanzierbar wäre, was im Interesse der Gesellschaft ist. Dieser und weiteren Fragen gehen wir im Monatsthema ARMUT LEICHT GEMACHT nach.

Unsere Leitartikel beklagen, dass Schulen mangelhaft auf die wirtschaftlichen Kämpfe des Lebens vorbereiten, dass die Skandale in öffentlich-rechtlichen Sendern der Gerechtigkeitsdebatte schaden und zeichnen nach, wie im Streit ums Bürgergeld namentlich die CDU/CSU gegen die Armen wettert.

In unseren Interviews erklärt der Ökonom Maurice Höfgen, warum ein Staat nicht das Geld der Reichen braucht, um den Armen zu helfen, die GEW-Vorsitzende Maike Finnern fordert von der Politik einschneidende Maßnahmen, um gerechte Schulbildung zu ermöglichen, der Professor für Wirtschaftsjournalismus Kim Otto diskutiert, wie journalistische Beiträge die Wirtschaft beeinflussen und die Ökonomin Friederike Spiecker bezweifelt, dass die Politik begriffen hat, was gegen wirtschaftliche Ungerechtigkeit zu tun ist.

Bei der Gruppe Gemeinwohl-Ökonomie Köln-Bonn erfahren wir, wie sie faires Wirtschaften in Unternehmen verbreitet, bei der Duisburger Initiative Unsere Armut kotzt uns an, wie sie in Hochfeld zum solidarischen Miteinander beiträgt, beim Herner Sozialforum, wie es für gerechte Einkommen und Vermögen streitet und bei der Diakonie Wuppertal, wie sie Menschen in Not hilft.

Die Coronakrise und der Preisschock infolge des Kriegs in der Ukraine zeigen überdeutlich: Auch im reichen Deutschland war und ist Armut weit verbreitet, Millionen von Menschen hoffen kaum mehr, dass sie sich einmal daraus befreien können. Wer das ändern will, darf die wirtschaftspolitischen Phrasen nicht hinnehmen, mit denen Politiker verschleiern, was sie tatsächlich dagegen tun könnten. Ein gerechteres 2023 ist diesen Streit aber so was von locker wert – in diesem Sinn, schöne Feiertage und guten Rutsch!

Dino Kosjak/Chefredaktion

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