Der Bergmann ist in Wuppertal kein häufiges Bild. Nicht nur, dass im Ruhrgebiet die Zeit des Bergbaus zu Ende geht und im Tal seit je andere Metiers ihren Mann ernährten, wie Färber oder Garnbleicher. Doch das Fördern von Bodenschätzen erinnert ein wenig an das Konzept des Boys' Day, das auch an der Wupper etabliert ist: Die Aktionstage für Jungen präsentieren für Männer unübliche Berufe, und zwar mit der Vorstellung, dass zum Vorschein kommt, was ohnehin da ist – bloß verborgen. Fördern eben.
Der steile Vergleich erklärt sich, betrachtet man Geschichte und Ablauf. Das weibliche Pendant des Boys‘ Day gibt es schon zehn Jahre länger: Beim ersten Girls’ Day 2001 hatten Mädchen die Möglichkeit, an einem festen Termin per Kurzpraktikum in einen untypischen Beruf zu schnuppern. Ziel war und ist, weibliche Beschäftigte in Branchen zu etablieren, die traditionell männlich besetzt sind: Das Motiv des Girls’ Day ist gleichstellungspolitisch. Doch am Beginn des Boys' Day stand Pragmatismus. Anders als zu vermuten war er keine automatische Analogiegründung – die Unternehmen brauchten einfach Männer. Einrichtungen mit männlicher Unterbesetzung taten sich zusammen, auf lokaler Ebene und ohne zentrale Steuerung. 2010 dann kündigte die damalige Familienministerin Kristina Schröder fürs Folgejahr den ersten „Jungen-Zukunftstag“ auf Bundesebene an. Schon vorher hat man in Wuppertal diese Initiative aufgegriffen, heißt es von der hiesigen Gleichstellungsstelle, „und wir möchten weiterhin vielfältige und neue Wege für Jungen eröffnen“. Wobei der Reiz für Unternehmen schwankt: 2017 boten sie im Tal 195 der Kurzpraktika, was im Vergleich seit Beginn im Mittelfeld liegt. Zum Stichtag 2018 nun fanden Jungs wieder ein deutliches Plus mit 271 Plätzen bei 71 teilnehmenden Betrieben.
Vorhandenes zu Tage bringen: Dazu passt, welche Haltung der Boys‘ Day zu den jungen Interessenten einnimmt. „Wenn du einen passenden Platz gefunden hast, melde dich dort an“, heißt es auf der Homepage, und das Zitat vermittelt Vorgehen und Tonfall. Krankenpfleger oder Erzieher, auch Hotelfachmann oder Maskenbildner: Wer Berufe wie diese kennen lernen will, findet per „Radar“-Funktion teilnehmende Adressen.
Die meisten Plätze, an die 300, gab es in Wuppertal bisher in den Jahren 2011 und 2012 – also direkt nachdem die Politik übernahm. Für diese mögen solche Zahlen Bestätigung sein und auch in ein progressives Programm geschlechtspolitischer Lenkung passen – Ministerin Schröder sprach gern von „Jungenpolitik“. Dennoch bleibt richtig: Am Anfang des Boys' Day stand Bedarf, keine Ideologie – übrigens auch keine gute.
Ob als Intention oder nur als Effekt, unterstützt der Boys‘ Day den Mut zur Jobwahl gegen den Gender-Strich. Selbst wenn nicht Ausgangsziel, relativiert es Rollenbilder – um sich das zu wünschen, muss man nicht bis Hollywood schauen.
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zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
Aktiv im Thema
klischee-frei.de | Vom Bundesinstitut für Berufsbildung vertretene Initiative für Geschlechtergerechtigkeit in der Berufswahl.
boys-day.de | Deutlich weniger bekannt als sein Verwandter, der Girls-Day, fokussiert der Boys Day die Aufmerksamkeit auf die Zukunftsförderung von Jungen.
neue-wege-fuer-jungs.de | Das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit aus Bielefeld ist ein Fachportal und Netzwerk, das sich der Berufs- und Lebensplanung von Jungen verschrieben hat.
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