Ingo Haeb, Jahrgang ‘70, studierte an der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM), später an der Deutschen Film und Fernsehakademie Berlin Drehbuch. Inzwischen ist er freier Dozent an der KHM und hat eine Professur an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg inne. „Neandertal“ ist sein Langfilmdebüt als Regisseur.
engels: Herr Haeb, in einem Interview haben Sie von der schwierigen Finanzierung des Projektes erzählt, weil die Redakteure anfangs meinten, so was könne man nicht zeigen. Warum, glauben Sie dennoch, könnte der spezielle Stoff Interesse beim Publikum wecken?
Ingo Haeb: Die Haut ist die Grenze zwischen mir und meiner Umwelt, Organ der Abgrenzung. Und wenn man bedenkt, dass die Neurodermitis ja kein Virus ist, der sich von irgendwoher angeschlichen hat, sondern eine psychosomatische Krankheit, die nirgendwo auf der Welt so verbreitet ist wie in Deutschland, dann liegt es auf der Hand, dass das Thema uns als Gesellschaft betrifft.
Die Ästhetik des Films schwankt zwischen schlichtem Realismus und einer sehr künstlichen, energetischen Inszenierung. Auch surreale Momente findet man. Wieso dieser Wechsel?
Ich habe das Gefühl, dass man sich in Deutschland sehr schwer tut, im Naturalistischen auch etwas Metaphorisches zu entdecken. Insofern habe ich versucht, auf Basis meiner persönlichen Erfahrungen etwas zu erzählen, das auch eine poetische und sinnbildliche Wahrnehmung der Krankheit ermöglicht.
Die Darsteller sind eindrucksvoll. Jacob Matschenz und Andreas Schmidt gehen richtig in ihren Rollen auf. Einiges daran, vor allem die WG-Szenen, wirkt improvisiert...
So oft es ging, haben wir improvisiert - allerdings hauptsächlich in den Proben. Das dort Erarbeitete habe ich dann wieder runter geschrieben. Jacob ist ohnehin ein Schauspieler aus dem Bauch heraus. Er bringt eine enorme emotionale Sicherheit mit. Andreas musste sich an seine Rolle eher technisch herantasten, da „Rudi“ ein ganz anderer Mensch ist als er selbst. Wir sind sehr froh, dass diese zwei unterschiedlichen Spielweisen im Resultat so gut harmonieren.
„Neandertal“ ist zusammen mit dem Co-Regisseur Jan-Christoph Glaser, der ebenfalls gerne zu zweit arbeitet („Detroit“, Regie zusammen mit Carsten Ludwig) entstanden. Wieso dieses Doppel?
Ich fühle mich bei der Arbeit mit dem Bild, den Einstellungen und der Kamera noch nicht so sicher, deshalb wollte ich jemanden haben, der diesen Teil der Regie abdeckt. Ich kenne Jan-Christoph ja von „Detroit“ und fand die Arbeitsteilung dabei sehr sinnvoll. Hinzu kommt, dass Jan-Christoph nicht interessiert hat, wie es damals in meiner Jugend wirklich war, sondern wie es am Ende im Film wirken würde. Er war weniger Regiekumpel als vielmehr ein kritischer Gegenpol. Wenn man sachlich miteinander umgehen kann, dann ist so eine Zusammenarbeit sehr lohnend.
Nach einigen Drehbüchern („Narren“, „Am Tag als Bobby Ewing starb“) und der Arbeit als Schauspieler („Sie haben Knut“) ist dies Ihre erste Regiearbeit. War das ein einmaliger Ausflug auf den Regiestuhl, oder wird es weitere Regiearbeiten von Ihnen geben?
Ich möchte schon gerne weiter Regie führen, aber mein Hauptfeld bleibt das Schreiben. Die Schauspielerei ist auf meinem Niveau ohnehin nur ein Gelegenheitsspaß. Aber wenn mal wieder was passt, gehe ich auch gerne wieder vor die Kamera.
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