Ein Geschenk, das nicht zum richtigen Zeitpunkt überreicht wird, ist keins. Das weiß auch die Kulturstiftung des Bundes. Wahrscheinlich tagt sie deshalb Ende November. Die Bescheide über neue Förderung kommen dann rechtzeitig zum Fest und zum Start ins neue Jahr – oder es gibt eben eine Enttäuschung. Bei ihrer letzten Sitzung im Kalenderjahr 2016 hat der Stiftungsrat Förderungen in einer Gesamthöhe von 41,5 Mio. Euro beschlossen. Theater, Museen, Konzerthäuser in NRW sind zwar vertreten, angesichts der Größe des Bundeslandes hätte es aber durchaus mehr sein können. Man muss auch mal undankbar sein dürfen!
Aus dem Theaterbereich wurden nur zwei Projekte aus NRW ausgewählt: Das Theater an der Ruhr in Mülheim wird ein Arabisches Künstler-Kollektiv Ruhr gründen. Der Kern besteht ausdem Regisseur Omar Abusaada, dem Autor Mohammad Al Atar und der Bühnenbildnerin und Architektin Bissane Al-Sharif, die alle aus Syrien stammen. Sie engagieren weitere Künstler aus dem arabischen Raum dazu. Ziel sind interdisziplinäre Projekte mit Theater, Tanz, Musik, Literatur, Workshopformen, mit deren Hilfe Differenzen und Gemeinsamkeiten zwischen arabischem und europäischem Raum ausgelotet werden sollen. Neben Mülheim an der Ruhr ist als zweiter Arbeitsschwerpunkt das Théâtre National Tunisien in Tunis vorgesehen. Die Künstlerische Leitungliegt in den Händen von Rolf C. Hemke.
Jeder kennt die süchtig machende Funktion des Cliffhangers: Wenn es am spannendsten ist, kommt die Abblende und der Zuschauer giert nach der Fortsetzung. Das Tanzhaus NRW untersucht in seinem Projekt „Cliffdancers“, inwieweit diese Strategie auch auf Tanzperformances für ein junges Publikum anwendbar ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren sollen das mediale Nachleben einer Tanzproduktion selbständig gestalten. Vorlage wird eine dreiteilige Tanzserie sein, die das Tanzhaus NRW zusammen mit der belgischen Kopergietery produziert, zu der die Jugendlichen dann ihre eigene „Fan Fiction“ aus diversen Plattformen entwickeln.
Mit im großen Geschenkpaket der Bundeskulturstiftung sind auch noch ein paar kleine Anschlussgeschenke – sozusagen die Fortsetzung zum Vorjahresgeschenk. Das heißt in dem Fall „Doppelpass“ und meint die Zusammenarbeit von Stadttheater mit freien Gruppen, zu der jetzt auch noch ein dritter, gerne europäischer Partner hinzutreten kann. Das Schauspiel Dortmund arbeitet schon seit einiger Zeit mit der Gruppe Peng! Collective zusammen. Unter dem Titel „Die Populisten“ haben sie eine PR-Agentur für die Zivilgesellschaft, also den gemeinen Bürger gegründet. Der Ringlokschuppen in Mülheim holt sich die Europäische Gemeinschaft für Kulturelle Angelegenheiten ins Boot und überprüft einige Revolutionen auf ihren Gebrauchswert für die Zukunft. Revolutionäres Pre-Enactment! In Bielefeld dagegen wird es stofflich. Zusammen mit Recherchepool untersucht das Stadttheater die Textilindustrie als Modellfall der Globalisierung und Strukturwandels. Wenn das keine schönen Geschenke sind!
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