engels: Herr Groschek, es wird regelmäßig von maroden Brücken, gesperrten Autobahnen, veraltetem Fuhrpark beim VRR und ausfallenden Zügen berichtet. Droht dem Land ein Verkehrsinfarkt?
Michael Groschek: Nein, von einem Verkehrsinfarkt kann niemand sprechen. Fakt ist aber, dass die Politik in den letzten Jahrzehnten bei der Verkehrsinfrastruktur auf Verschleiß gefahren ist und den Erhalt sträflich vernachlässigt hat - mit der Folge, dass inzwischen viele Brücken und Straßen so kaputt sind, dass wir auf Brücken einzelne Fahrspuren sperren oder mit Tempobeschränkungen belegen müssen. Diese Entwicklung versuche ich mit aller Macht umzukehren. Ähnliches gilt für den öffentlichen Nahverkehr. Hier hat der Bund Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren klar benachteiligt und schlicht zu wenig Geld überwiesen. Immerhin konnten wir 2013 beim Rhein-Ruhr-Express endlich den Durchbruch vermelden. Hier hat der Bund zugesagt, das Zwei-Milliarden-Euro-Projekt finanziell zu stemmen. Dies wird die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs in NRW deutlich erhöhen.
Wie lässt sich der Investitionsstau bei der Verkehrsinfrastruktur beheben? Hilft eine Maut?
Ein ganz klares Nein, wenn es um die Einführung einer „nicht-deutschen“ Pkw-Maut geht, so wie es sich die CSU vorstellt. Die dadurch erzielten Einnahmen wären maximal ein Tropfen auf dem heißen Stein, das wird unsere Infrastruktur nicht wieder auf Vordermann bringen. Nicht die Autos, sondern die Lkw machen unsere Straßen und Brücken kaputt. Ein Lastwagen schädigt unsere Infrastruktur so sehr wie 60.000 Autos. Also müssen wir auch hier den Hebel ansetzen. Ich bin ganz klar für eine Ausweitung der Lkw-Maut - auf mehr Straßen und auch auf untere Gewichtsklassen.
Wer Straßen säht, wird Verkehr ernten. Haben Umweltschützer mit ihrer Forderung nach Verkehrsvermeidung und Förderung ökologischer Verkehrsmittel recht?
Das tun wir. Wir finanzieren zurzeit alleine fünf Machbarkeitsstudien für Radschnellwege in NRW. E-Bikes werden bei der Nahmobilität in naher Zukunft eine große Rolle spielen, genauso wie die Vernetzung verschiedener Verkehrsarten. Und ich begreife das Smartphone inzwischen als Zündschlüssel der Zukunft, denn die jungen Menschen mieten sich lieber per App stundenweise ein Auto, als selbst eins zu besitzen.
Welche verkehrspolitischen Signale erhalten Sie aktuell aus Berlin?
Durchweg positive. Es ist auch bei der neuen Koalition in Berlin angekommen, dass wir mehr Geld für den Erhalt unserer Infrastruktur benötigen. Fünf Milliarden Euro zusätzlich hat die neue Bundesregierung bereits zugesagt – hinzukommen die noch nicht zu beziffernden Einnahmen aus der Ausweitung der Lkw-Maut, die dann auch ausschließlich in die Infrastruktur fließen sollen. Und die Bahn muss nicht mehr 500 Millionen Euro Zwangsdividende an den Bund abführen, sondern kann dieses Geld wieder in den Schienenverkehr investieren.
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